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In Kapitel 7.1 wurde bereits die Methode der Subsumtion am Beispiel von Schadensersatzansprüchen aus § 823 I BGB erläutert (Anspruch aus unerlaubter Handlung oder auch „deliktischer“ Anspruch). Im folgenden Fall ist zu prüfen, ob ein vertraglicher Anspruch vorliegt. Das Beispiel lässt sich auf alle Fälle übertragen, in denen zu klären ist, ob ein wirksamer Vertrag vorliegt. Fallvariante: Angenommen, Benno antwortet auf Annes Kaufangebot nicht gleich. Anne vergisst zwischenzeitlich ihr Angebot. Am 10.11. − nach über zwei Wochen − kommt Benno und sagt: „Ich nehme dein Angebot gerne an; hier sind 100 € − wo ist das Rad?“ Anne will das Rad aber inzwischen nicht mehr verkaufen, da sie es zwischenzeitlich schon ihrer Schwester versprochen hat. Kann Benno die Übereignung des Fahrrades verlangen? Zu prüfen ist ein Anspruch Bennos gegen Anne auf Übereignung und Übergabe des Fahrrads aus § 433 I BGB. → Zu Beginn der Falllösung wird festgestellt: „Wer verlangt was, von wem, aufgrund welcher Anspruchsgrundlage?“ Der Anspruch setzt das Vorliegen eines wirksamen Vertrages voraus. Hierzu müssen innerhalb eines bestimmten zeitlichen Rahmens zwei übereinstimmende Willenserklärungen abgegeben werden. → In § 433 BGB sind die Tatbestandsmerkmale nicht so offensichtlich wie in § 823 I BGB. Die Bedingungen, die für das Zustandekommen aller Verträge gelten, finden sich nicht unmittelbar bei den speziellen Regelungen zum Kaufvertrag, sondern im allgemeinen Teil des BGB. Annes Äußerung am 25.10. („Willst du mein Fahrrad kaufen ...“) ist als Antrag (§ 145 BGB) zu verstehen. → Beginn der eigentlichen Subsumtion; die erste Willenserklärung ist unproblematisch. Unklar ist, ob Bennos Äußerung am 10.11. eine wirksame Annahme (§ 147 BGB) darstellt. → Hier kommt der „Knackpunkt“ des Falls: das Tatbestandsmerkmal, bei dem eine genauere Prüfung notwendig wird. Benno antwortet auf Annes Antrag erst nach zwei Wochen; seine Annahme könnte also verspätet sein. → These formulieren Ein unter Anwesenden gemachter Antrag kann nur sofort angenommen werden (§ 147 I BGB). Bennos Annahme war also verspätet. → These prüfen Die verspätete Annahme ist ein neuer Antrag (§ 150 BGB). Anne hat diesen Antrag nicht angenommen. Es ist also keine wirksame Annahme gegeben. → Dies ist das Zwischenergebnis der Prüfung des problematischen Tatbestandsmerkmals. Es liegt also kein wirksamer Kaufvertrag vor. → Man kommt hier − als Zwischenergebnis − wieder auf die zweite Zeile zurück, bevor, in Bezug auf die erste Zeile, das endgültige Ergebnis formuliert wird: Benno hat damit keinen Anspruch gegen Anne auf Übereignung und Übergabe des Fahrrades aus § 433 I BGB. → Ergebnis der Prüfung der Anspruchsgrundlage aus der ersten Zeile. Methode: Falllösung II Musterlösung und Kommentar 181Falllösung II Nu r z u Pr üf zw e ke n Ei ge nt um d es C .C . B uc hn er V er la gs | |
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