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Krise und Bedeutung der Römischen Republik 45 Kriegsbeute plünderten die Feldherren mit einigen wenigen. Derweil wurden die Eltern und kleinen Kinder der Soldaten, gerade so wie ein jeder einen Mächtigeren zum Nachbarn hatte, von ihren Wohnsitzen vertrieben. So drang mit der Macht Habgier ohne Maß und Beschränkung ein, die alles besudelte und verwüstete, die keine Wertmaßstäbe kannte, der nichts heilig war, bis sie sich selbst zu Fall brachte. Denn sobald sich innerhalb der Nobilität Leute fanden, die wahren Ruhm ungerechter Macht voranstellten, begann die Bürgerschaft in Bewegung zu geraten, und eine innere Entzweiung wie ein Erdbeben entstand. Sallust, Bellum Iugurthinum 41,1; zitiert nach: Klaus Bringmann, Krise und Ende der römischen Republik (133 42 v. Chr.), Berlin 2003, S. 101 f. M2 Über die Bedeutung der Römischen Republik Der Historiker Alexander Demandt zu Ursachen für die Stabilität und zu den Folgewirkungen der Römischen Republik: [Polybios aus Megalopolis1] fand in der römischen Verfassung die eigentliche Ursache für Roms Aufstieg, war sich dabei aber bewusst, dass keineswegs das bloße Regelwerk der Institutionen, das Zusammenspiel von Senat, Magistraten und Volk den Aufstieg verbürgt hat, sondern dass im gleichen Maße Verhaltenstraditionen mitsprachen, so der Vorrang der staatlichen vor den privaten Interessen, das Vorbild der Ahnen (mos maiorum), der Respekt vor der Würde des römischen Volkes (maiestas populi Romani), die Disziplin im Heere und was sonst unter dem Begriff der virtus2 fällt. Für die nachantike Geschichte ist die Römische Republik aus zwei Gründen wichtig geworden. Der erste liegt darin, dass die unterschiedlichen Kulturzentren der Alten Welt […] durch Rom in ein einziges politisches wie ökonomisches Kommunikationssystem zusammengefasst worden sind. Dies rühmte Polybios an Rom: Die Völker seien zu einem Organismus zusammengewachsen, der sich im Schutze der Pax Romana3 entfalten konnte. So wurde das Imperium eine Brücke, wie Herder4 sagte, auf welcher die antike Kultur nach Europa gelangte: das Städtewesen, die Schriftlichkeit der Verwaltung, die Gesetzgebung, das Beamtentum, die Geldwirtschaft und die christliche Kirche. Der zweite Grund für die spätere Bedeutung Roms liegt in der politischen Vorbildwirkung. Gerade die Republik hat immer wieder Sympathien gefunden: bei den Humanisten […], bei den Aufklärern (Montesquieu, Rousseau), bei den Gründungsvätern der Vereinigten Staaten (Jefferson, Adams), und den Denkern der Französischen Revolution (Robespierre, Danton). […] Für die Ausbildung des modernen Staatsbegriffs ist die Römische Republik als Muster wichtiger gewesen als die attische Demokratie. Wenn heute zwei Drittel sämtlicher Länder der Welt den Begriff „Republik“ im Staatsnamen führen, geht das zurück auf die res publica Romana libera.5 Paul Nolte, Professor für Neuere Geschichte und Zeitgeschichte in Berlin, geht in seinem Buch „Was ist Demokratie?“ von 2012 auch auf das Ende der Römischen Republik ein und schreibt: In der europäischen Erinnerung nimmt die klassische Geschichte Roms zwischen Republik und Kaiserzeit einen bevorzugten Platz direkt neben der der athenischen Demokratie ein. Aber ihre Bedeutung, ihre Orientierungsfunktion ist eine andere. Während sich mit Athen bis heute […] die besondere politische Verfassung im Innern verbindet, weckt Rom Assoziationen an einen riesigen, nach außen immer mehr gedehnten Machtbereich: an das „Imperium Romanum“, das Römische Weltreich. Bis heute, und in den letzten Jahren wieder vermehrt in der Projektion auf die imperiale Stellung und militärische Macht der USA, gilt Rom auf diese Weise als Chiffre für einen globalen Herrschaftsanspruch, der mit überlegenen militärischen Mitteln gesichert wird, im Innern aber Lebenskraft und Freiheit verliert, bis er an dem krassen Missverhältnis zwischen imperialer „Überdehnung“ und innerer Auszehrung zugrunde geht. Erster Text: Alexander Demandt, Antike Staatsformen. Eine vergleichende Verfassungsgeschichte der Alten Welt, Berlin 1995, S. 406; zweiter Text: Paul Nolte, Was ist Demokratie? Geschichte und Gegenwart, München 2012, S. 38 f. 1. Erörtern Sie Gründe, die zur Krise der Republik beigetragen haben (M1 und M2). (Urteilskompetenz) 2. Erläutern Sie anhand des Schaubildes und der Historikertexte (M2) Gründe für die langandauernde Stabilität der Römischen Republik. (Sachund Urteilskompetenz) 3. Arbeiten Sie aus M2 heraus, wie die Autoren die Folgewirkungen der Römischen Republik einschätzen. Ergänzen Sie diese Darlegungen. (Sachund Urteilskompetenz) 4. Rom verdanken wir „das Städtewesen, die Schriftlichkeit der Verwaltung, die Gesetzgebung, das Beamtentum, die Geldwirtschaft und die christliche Kirche“ (M2, Zeile 20 22). Diskutieren Sie, inwiefern mit diesen Institutionen historischer Fortschritt verbunden ist. (Orientierungskompetenz) 30 35 5 10 15 20 1 Polybios (um 200-118 v. Chr.): griechischer Geschichtsschreiber 2 virtus: Tapferkeit, Tatkraft, Mut, Entschlossenheit 3 Pax Romana: römischer Friede 4 Johann Gottfried Herder (1744 1803): einfl ussreicher Schriftsteller, Geschichtsund Kulturphilosoph im Zeitalter der Aufklärung 5 res publica Romana libera: res publica bedeutet „Staat“ bzw. „öffentliche Angelegenheit“; libera res publica ist die genaue Bezeichnung für den römischen „Freistaat“ bzw. die Römische Republik 25 30 35 40 45 Nu r z ur P üf zw ck e Ei ge nt um es C .C . B uc hn r V er la gs | |
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