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61Die mittelalterliche Feudalgesellschaft Die mittelalterliche Feudalgesellschaft Die Grundherrschaft: Herrschaft über Land und Leute Die frühmittelalterliche Gesellschaft setzte sich zunächst aus einer adligen Oberschicht, einer freien Mittelschicht und den Unfreien zusammen. Diese arbeiteten als Gesinde am Hof des adligen Herrn (Fronhof) und auf dessen Ländereien (u M1). Viele ursprünglich freie Bauern gerieten im frühen Mittelalter in die Abhängigkeit adliger Grundherren. Die Bauern übertrugen ihnen ihr Land, um dem für Freie verbindlichen Kriegsdienst mit eigener Ausrüstung zu entgehen. Manchmal unterstellten sie sich auch – um ihres Seelenheils willen – einem kirchlichen Grundherrn, etwa dem Abt eines Klosters. Daher spielte in der Agrargesellschaft des Mittelalters die ursprünglich vorhandene Mittelschicht freier Bauern bald nur eine sehr geringe Rolle. Die auf spätantike Wurzeln und germanische Herrschaftsund Sozialordnungen zurückgehende Grund herrschaft war das zentrale Element der Agrarverfassung. Sie bedeutete Herrschaft des adligen Grundherrn über Land und zugleich über die auf ihm lebenden Leute. Nicht nur das unfreie Gesinde, auch die in Abhängigkeit geratenen Bauern und ihre Nachkommen (Hörige oder Grundholde) waren der Banngewalt – dem Recht des Grundherrn, bei Strafe zu gebieten und zu verbieten – und seiner Gerichtsbarkeit unterstellt. Der Grundherr besaß das Obereigentum über das an ihn übertragene Land, der Bauer behielt das Nutzeigentum. Dafür hatte er dem Grundherrn Abgaben aus den landwirtschaftlichen Erträgen seiner Hofstelle (Hufe) zu liefern und somit zum Unterhalt des Herrn beizutragen. Außerdem waren die Grundholde dem Grundherrn zu Dienstleistungen (Frondienste) auf dem Herrenland und Fronhof verpfl ichtet. Die Grundholde leisteten dann festgelegte, im Einzelfall unterschiedlich stark belastende Dienste mit der Hand oder setzten ihr Ochsenoder Pferdegespann auf dem Herrenland ein (Hand und Spanndienste). Sie muss ten an diesen Tagen die Arbeit auf der ihnen zur Nutzung überlassenen Hufe hintanstellen. Der Grundherr profi tierte also von den Abgaben und Diensten der Grundholde und der Arbeit seines Gesindes. Nur dank ihrer Leistungen konnte er seinen adligen Lebensstil verwirklichen. Er war allerdings verpfl ichtet, der von ihm abhängigen bäuerlichen Bevölkerung Schutz und Sicherheit zu ge währen. Die Dreiständelehre Für den mittelalterlichen Menschen war die irdische Ordnung von Gott vorgegeben und sollte bewahrt werden. Dass die Mächtigen herrschen und von den Diensten und Abgaben ihrer Bauern leben konnten, wurde nicht infrage gestellt, sondern als gottgewollt betrachtet. Quellen aus der Zeit Karls des Großen heben lediglich zwei gesellschaftliche Funktionen hervor: den dem Adel obliegenden Schutz der Christenheit und die dem Klerus übertragene Aufgabe, für sie zu beten. Ansonsten betonte das Gesellschaftsbild des Mittelalters vor dem 11. Jahrhundert den Unterschied zwischen Herren und Knechten. Von England und vor allem von Frankreich ausgehend, setzte sich in Europa nach der Jahrtausendwende das Selbstbild einer dreigliedrigen Gesellschaft von „Betern“, „Kriegern“ und „Arbeitern“ durch. In dieser Dreiheit von Gebet, Schutz und Arbeit nahm zwar die Masse der arbeitenden, von der Mühsal des Lebens besonders geplagten Bevölkerung erst den letzten Platz ein, ihre Tätigkeit erfuhr aber soziale Aufwertung und wurde als unentbehrlich in der von Gott gewollten irdischen Ordnung anerkannt. i Christus teilt den drei Ständen ihre Aufgaben zu. Holzschnitt (20 x 14,5 cm) von Hans Hesse, Heidelberg 1488. Die Darstellung zeigt, welche Aufgaben Christus den einzelnen Ständen im Leben zuordnet: „Tu supplex ora: Du bete demütig! Tu protege: Du schütze! Tuque labora: Und du arbeite!“ p Beschreiben Sie die Aufgaben und Pfl ichten der Beteiligten. p Diskutieren Sie, ob aus der Darstellung eine Parteinahme des Künstlers für einen Stand deutlich wird. Lesetipp: Arnold Bühler, Herrschaft im Mittelalter, Stuttgart 2013 Nu r z ur Pr üf zw ec k n Ei ge nt um d es C .C . B uc hn er V er la gs | |
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