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173Umgang mit historischer Fachliteratur zösische Revolution die Entwicklung des Übergangs vom „Feudalismus“ zum Kapitalismus und bildete zugleich eine ihrer entscheidenden Etappen. Indem sie andererseits die provinziellen Besonderheiten und die lokalen Vorrechte aufhob und die Staatsgewalt des Ancien Régime zerbrach, schuf sie vom Direktorium bis zum Empire die Voraussetzungen eines modernen Staates, der den wirtschaftlichen und sozialen Interessen der Bourgeoisie entsprach. [...] Die Französische Revolution steht damit im Zentrum der modernen Weltgeschichte, am Kreuzweg verschiedener gesellschaftlicher und politischer Strömungen, welche die Nationen entzweit haben und noch weiterhin entzweien werden. Ihr Enthusiasmus begeistert die einen, die an die Kämpfe für Freiheit und Unabhängigkeit und an ihren Traum von der brüderlichen Gleichheit denken – bei anderen löst er Hassgefühle aus. Den einen bedeutet ihr aufgeklärter Geist einen Angriff auf Privileg und Tradition – andere sehen darin maßlose Vernunft, die mit ihrer gewaltigen Kraft die ganze Gesellschaft neu ordnen wollte. Die Revolution, ob bewundert oder gefürchtet, lebt weiter im Bewusstsein der Menschen. Albert Soboul, Die große Französische Revolution. Ein Abriss ihrer Geschichte (1789-1799), übersetzt von Joachim Heilmann und Dietfrid Krause-Vilmar, Frankfurt am Main 51988, S. 571 ff. Methoden-Aufgabe: Vergleichen Sie die beiden Sekundärtexte. Gehen Sie nach dem oben skizzierten Schema vor. Formale Kennzeichen d Wichtig bei der Recherche zu den Autoren und ihrem Wirkungsbereich ist es, ihren ideologischen Standpunkt zu ermitteln, um ihre Position einordnen zu können. Gerade beim Thema Französische Revolution spielt es eine Rolle, ob die Darstellung aus bürgerlicher oder marxistischer Sicht erfolgt. Textinhalt d Hier ist neben der Erläuterung von Stil und Textaufbau die Konzentration auf zentrale inhaltliche Aussagen geboten. Statt einer Nacherzählung der Texte sollen Kernaussagen prägnant, aber sachlich wiedergegeben werden. Historischer Kontext d Hier muss je nach Thema eine innerhalb eines zeitlichen Rahmens betrachtete Entwicklung, ein dargestelltes Ereignis, eine betrachtete Person oder eine Streifrage in ihrer Bedeutung aufgezeigt werden. In diesem Fall handelt es sich um Erklärungsmuster für die Französische Revolution. Intention d Jede Publikation hat ihr Publikum und eine Wirkungsabsicht, die gemeinhin in der Aufklärung des Lesers über ein Thema besteht. Die Form der Veröffentlichung (Monographie, Artikel in einer Fachzeitschrift, Zeitungsartikel etc.) zeigt bereits Leserkreis und Intention an. Da es sich in der Geschichtswissenschaft oft um Fragen der Geschichtsdeutung handelt, ist die konkrete Zielsetzung des Autors zu beleuchten. Aufschluss gibt meist dessen anfangs ermittelter ideologischer Standort. Bewertung d Durch eine vergleichende Betrachtung und auf dem Fundament eigenen Wissens kann eine Einschätzung zur Stichhaltigkeit der Argumentation und zur Position des jeweiligen Autors erfolgen. Da sich die meisten historischen Problemfragen multikausal erklären lassen, bietet sich oftmals eine differenzierte Bewertung an. Tipps M2 Einfl uss auf die politische Kultur Europas Rolf E. Reichardt schreibt 1998: Überall wirkte die Revolution bei unzufriedenen Gruppen als Anstoß, überfällige Reformen und Veränderungen im jeweils eigenen Land energischer zu betreiben. Überall löste sie eine Welle politischer Publizistik von neuer Radikalität und sozialer Reichweite aus, welche die revolutionären Grundvorstellungen und Schlagworte verbreitete. Überall verband sich damit sowohl eine neuartige Klubkultur als auch eine internationale Freiheitsund Gleichheits symbolik – beides nach französischem Vorbild. Überall wurden durch die so bewirkten Akkulturationsprozesse1 neue soziale Gruppen und Schichten an die Politik herangeführt beziehungsweise zusätzlich politisiert, überall erkämpften sich diese Gruppen unter Rekurs2 auf die Revolution Zugang zum Politischen: die Intellektuellen auf der Apenninenhalbinsel, das mittlere Bürgertum im Alten Reich, die kleinen Leute auf den Britischen Inseln. Überall bildeten sich in Auseinandersetzung mit der Revolution deutlicher als zuvor gegensätzliche politische Lager heraus. So hat die Französische Revolution, wie unterschiedlich sie auch vordergründig auf einzelne Länder einwirkte, letztlich wichtige Impulse zur Herausbildung einer gemein samen, tendenziell demokratischen politischen Kultur Europas gegeben. Rolf E. Reichardt, Das Blut der Freiheit. Französische Revolution und demokratische Kultur, Frankfurt am Main 32002, S. 331 Nu r z u Pr üf zw ck en Ei ge nt um es C .C .B uc hn er V er la gs | |
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