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Die Fraktionen wiesen in ihrer sozialen Zusammensetzung gewisse Regelmäßigkeiten auf, die – von rechts bis links besehen – eine wachsende Dis tanz zu den bestehenden Verfassungen in Deutschland und zum Staatsdienst anzeigten. Auf der Rechten und im rechten Zentrum […] häuften sich höhere Staatsbeamte, Richter und Hochschullehrer; hinzu kamen adlige Grundbesitzer und Groß kaufl eute; freie Berufe fanden sich hier seltener, im „Casino“ etwa nur zu 10 %. Im linken Zentrum („Württemberger Hof“ bis „Westendhall“) hielten sich freie Berufe und Angehörige der Mittelschichten einerseits, Grundbesitzer, Großkaufl eute und höhere Beamte andererseits die Waage. Auf der Linken dominierte mit 40 % im „Deutschen Hof“ und 50 % im „Donnersberg“ die freiberufliche Intelligenz; zudem fand sich hier mit 30 % ein beträchtlicher Anteil von Abgeordneten der unteren Mittelklasse. Wolfram Siemann, Die deutsche Revolution von 1848/49, Frankfurt am Main 51993, S. 126 und 130 1. Die Paulskirche wird gerne als „Professoren parlament“ charakterisiert. Prüfen Sie, ob diese Bezeichnung angemessen ist, und analysieren Sie die Zusammensetzung der einzelnen Fraktionen. 2. Nennen Sie Berufsoder Gesellschaftsgruppen, die Ihnen unterrepräsentiert erscheinen. M3 Ohne Österreich Friedrich Christoph Dahlmann, einer der „Göttinger Sieben“ (vgl. dazu Seite 235), gehört in der Nationalversammlung von 1848/49 dem rechten Zentrum an („Casino“-Fraktion) und ist Mitglied des Ausschusses für die Ausarbeitung der Reichsverfassung. Am 22. Januar 1849 nimmt er Stellung zur Frage, welche Grenzen das Reich haben soll: Uns tut ein Herrscherhaus not, welches sich gänzlich unserm Deutschland widmet, gänzlich in Deutschland lebt und in nichts anderem. Ein solches Herrscherhaus kann Österreich uns nicht sein; es kann es nicht, denn es hangen diesem Österreich, bei all seinem verdienten Ruhme, zu viel außerdeutsche Sorgen an. Österreich krankt an seiner Stärke ebensosehr wie andere Staaten an ihrer Schwäche. Die schwersten Sorgen Österreichs werden erst dann beginnen, wenn es den langen Lauf seiner Siege vollendet hat. Österreich kann uns, wie die Dinge gegenwärtig stehen, nicht vollständig angehören. An den Hohenzollern Preußens können wir ein solches Herrscherhaus nicht nur haben, sondern mit dem schlechtesten und dem besten Willen kann es kein Sterblicher dahin bringen, dass wir es nicht an ihm hätten. Es ist gar keine Zukunft M2 Zusammensetzung der Paulskirche Bei einer Gesamtzahl von 812 Abgeordneten (einschließlich der zeitweilig einberufenen Stellvertreter) beteiligen sich in der Regel zwischen 400 und 540 Volks vertreter an den Abstimmungen. Sie lassen sich den folgenden Berufsgruppen zuordnen: Die Anteile der Fraktionen in der Frankfurter Paulskirche im Oktober 1848: Donnersberg Deutscher Hof Westendhall Württemberger Hof Augsburger Hof Landsberg Casino Café Milani bei keiner Fraktion 7 % 8 % 7 % 6 % 7 % 6 % 21 % 6 % 32 % „Linke“ demokratisch „linkes Zentrum“ parlamentarisch-liberal „rechtes Zentrum“ konstitutionell-liberal „Rechte“ konservativ Höhere Beamte, Landräte 115 Mittlere Beamte 37 Bürgermeister, Kommunalbeamte 21 Richter, Staatsanwälte 110 Offi ziere 18 Diplomaten 11 Hochschullehrer (49), Gymnasiallehrer 94 Sonstige Lehrer 30 Staatsdiener insgesamt 436 Geistliche 39 Rechtsanwälte, Advokaten 106 Ärzte 23 Schriftsteller, Journalisten 20 Freiberufl iche Intelligenz insgesamt 149 Großkaufl eute, Kaufl eute 35 Fabrikanten 14 Verleger, Buchhändler 7 Wirtschaftsbürgertum insgesamt 56 Landwirte (Großgrundbesitzer und 3 Bauern) 46 Handwerker insgesamt 4 Promovierte ohne Berufsangabe 35 Sonstige Berufe 3 Nicht ermittelt 44 812 5 10 15 5 10 15 245Die Revolution von 1848/49 Nu r z u Pr üf zw ck en Ei ge nt um es C .C .B uc hn er V er la gs | |
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