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brücken, aber auszufüllen, dazu wird man sich nicht herbeilassen. Meine Herren, eine solche Politik zu unterstützen, dazu habe ich keine Lust, ich muss entschieden dagegen protestieren, dass man eine solche Politik eine deutsche nennt, ich muss entschieden protestieren gegen einen Bund, der nicht die Einheit, sondern die Zerreißung Deutschlands proklamiert, einen Bund, der dazu bestimmt ist, Deutschland zu einer großen Kaserne zu machen (lebhafter Widerspruch), um den letzten Rest von Freiheit und Volksrecht zu vernichten. August Bebel, Sein Leben in Dokumenten, Reden und Schriften, herausgegeben von Helmut Hirsch, Köln 1968, S. 153 ff. 1. Erläutern Sie Bebels Bewertung des Norddeutschen Bundes. 2. Überlegen Sie sich Argumente, mit denen Bismarck dieser Rede entgegengetreten sein könnte. 3. Verfassen Sie danach ein Redemanuskript. M3 Die Emser Depesche Kurz nachdem Prinz Leopold aus dem Hause HohenzollernSigmaringen unter starkem französischen Druck auf die Thronkandidatur in Spanien verzichtet hat, verlangt der französische Botschafter Benedetti vom preußischen König Wilhelm I. als dem Chef des Hauses Hohenzollern weitere Zugeständnisse. Bismarck wird darüber und über die Reaktion des Königs durch das folgende Telegramm des Geheimrats Heinrich Abeken vom 13. Juli 1870 informiert. Abeken ist der Begleiter des Königs bei seinem Kuraufenthalt in Bad Ems. S. M.1 der König schreibt mir: „Graf Benedetti fi ng mich auf der Promenade ab, um auf zuletzt sehr zudringliche Art zu verlangen, ich sollte ihn autorisieren, sofort zu telegrafi eren, dass ich für alle Zukunft mich verpfl ichtete, niemals wieder meine Zustimmung zu geben, wenn die Hohenzollern auf ihre Kandidatur zurückkämen. Ich wies ihn, zuletzt etwas ernst, zurück, da man à tout jamais2 dergleichen Engagements nicht nehmen dürfe noch könne. Natürlich sagte ich ihm, dass ich noch nichts erhalten hätte und, da er über Paris und Madrid früher benachrichtigt sei als ich, er wohl einsähe, dass mein Gouvernement wiederum außer Spiel sei.“ S. M. hat seitdem ein Schreiben des Fürsten3 bekommen. Da S. M. dem Grafen Benedetti gesagt, dass er Nachricht vom Fürsten erwarte, hat Allerhöchstderselbe, mit Rücksicht auf die obige Zumutung, auf des Grafen Eulenburg4 und meinen Vortrag beschlossen, den Grafen Benedetti nicht mehr zu empfangen, sondern ihm nur durch seinen Adjutanten sagen zu lassen, dass S. M. jetzt vom Fürsten die Bestätigung der Nachricht erhalten, die Benedetti aus Paris schon gehabt, und dem Botschafter nichts weiter zu sagen habe. S. M. stellt Ew. Exzellenz anheim, ob nicht die neue Forderung Benedettis und ihre Zurückweisung sogleich sowohl unseren Gesandten als in der Presse mitgeteilt werden sollte. Bismarck bearbeitet das Telegramm Abekens und gibt es gekürzt mit folgendem Wortlaut an die Presse weiter: Nachdem die Nachrichten von der Entsagung des Erbprinzen von Hohenzollern der Kaiserlich französischen Regierung von der Königlich spanischen amtlich mitgeteilt worden sind, hat der französische Botschafter in Ems an S. M. den König noch die Forderung gestellt, ihn zu autorisieren, dass er nach Paris telegrafi ere, dass S. M. der König sich für alle Zukunft verpfl ichte, niemals wieder seine Zustimmung zu geben, wenn die Hohenzollern auf ihre Kandidatur zurückkommen sollten. S. M. hat es darauf abgelehnt, den französischen Botschafter nochmals zu empfangen, und demselben durch den Adjutanten vom Dienst sagen lassen, dass S. M. dem Botschafter nichts weiter mitzuteilen habe. Otto von Bismarck, a. a. O., Bd. 6, S. 369 und 371 1. Arbeiten Sie die Unterschiede der beiden Texte heraus. Wieso erscheint die Zurückweisung der französischen Forderung in der zweiten Fassung schärfer? 2. Untersuchen Sie, welche innenund außenpolitischen Gründe den französischen Kaiser Napoleon III. und die französische Regierung dazu veranlasst haben könnten, lieber mit der Kriegserklärung zu reagieren als die diplomatische Zurück weisung hinzunehmen. 1 S. M.: Seine Majestät 2 à tout jamais (frz.): „für alle Zukunft“ 3 Gemeint ist der Fürst von Hohenzollern-Sigmaringen, der Vater von Prinz Leopold. 4 Graf Eulenburg: persönlicher Referent Wilhelms I. 253Auf dem Weg zur Reichsgründung 35 40 5 10 15 20 25 30 35 Nu r z u Pr üf z ck en Ei ge nt u es C .C .B uc hn er V la gs | |
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