Volltext anzeigen | |
M1 Freihandel und Expansion a) In einer Notiz des mehrfachen Außenund späteren Premierministers Lord Palmerston für das britische Außenministerium vom 20. Dezember 1850 heißt es: Wir wünschen aufs Dringlichste, dass sich die Zivilisation nach Afrika ausdehnt; wir sind überzeugt, dass der Handel der beste Pionier der Zivilisation ist, und wir sind zufrieden, dass ge nügend Raum in Afrika für den Handel aller zivilisierten Nationen der restlichen Welt ist. Daher würden wir jede Ausdehnung des Handels in Afrika mit Genugtuung betrachten: vorausgesetzt, dass dieser Handel nicht auf einem Monopol beruht und nicht aufgrund eines Systems durchgeführt wird, das andere ausschließt. b) Der britische Wirtschaftsexperte William Stanley Jevons äußert sich fünfzehn Jahre später zum englischen Handel: Die Ebenen Nordamerikas und Russlands sind unsere Getreidefelder; Chicago und Odessa unsere Kornkammern; Kanada und die Baltik unsere Nutzholzwälder; Australasien1 beherbergt unsere Schaffarmen, und in Argentinien und auf den westlichen Prärien Nordamerikas weiden unsere Rinderherden; Peru schickt sein Silber, und das Gold aus Südafrika und Australien fl ießt nach London; die Hindus und die Chinesen bauen Tee für uns an, und unsere Kaffee-, Zuckerund Gewürzplantagen liegen auf den Westindischen Inseln. Spanien und Frankreich sind unsere Weinberge und der Mittelmeerraum unser Obstgarten; und unser Baumwollanbaugebiet, das lange Zeit im Süden der Vereinigten Staaten lag, erstreckt sich jetzt auf die warmen Regionen der ganzen Welt. Erster Text zitiert nach: Wolfgang J. Mommsen (Hrsg.), Imperialismus. Seine geistigen, politischen und wirtschaftlichen Grundlagen. Ein Quellenund Arbeitsbuch, Hamburg 1977, S. 44 Zweiter Text zitiert nach: Paul Kennedy, Aufstieg und Fall der großen Mächte. Ökonomischer Wandel und militärischer Konfl ikt von 1500 bis 2000 (übersetzt von Catharina Jurisch), Frankfurt am Main 1991, S. 241 1. Erörtern Sie die Motive, die Palmerston für eine weitere Expansion benennt, und erläutern Sie, unter welchen Bedingungen er diese befürwortet. 2. Palmerstons Notiz wird auch als klassisches Programm des englischen „Freihandels imperialismus“ betrachtet. Diskutieren Sie diese Aussage und analysieren Sie anhand der Quellen die Bedeutung des Begriffes. M2 Die Stellung Indiens im britischen Empire 1909 hält Lord Curzon, ehemaliger Vizekönig von Indien und von 1919 bis 1924 britischer Außenminister, einen Vortrag über die Bedeutung Indiens für das Empire: Es ist [...] klar, dass der Herr Indiens unter modernen Verhältnissen die größte Macht auf dem asiatischen Kontinent und damit, so darf man wohl hinzufügen, in der Welt sein muss. [...] [Ü]ber legen wir uns einmal, was geschehen würde, wenn wir Indien verlören und eine andere Macht dort an unsere Stelle träte – denn es ist undenkbar, dass Indien selbstständig bleiben würde –: Wir würden seinen unschätzbaren und unerschöpfl ichen Markt verlieren, den man uns durch Tarife verschließen würde. Wir würden damit das, wie ich Ihnen sogleich zeigen werde, hauptsächlichste, ja einzige ausschlaggebende Element unserer Streitmacht verlieren, unser Einfl uss in Asien würde schnell dahinschwinden, die Stützpunkte und Kohlenstationen, die die Hochstraßen des Seei Zollabfertigung am Dock der East India Company an der Londoner Themse. Gemälde von Samuel Scott, um 1757 (Ausschnitt). An den Hafenanlagen der Themse wurden Waren aus aller Welt umgeschlagen. Mit der fortschreitenden Industrialisierung gewannen die überseeischen Gebiete als Rohstoffl ieferanten und Abnehmer für die englischen Industrieprodukte zunehmend an Bedeutung. 1 Australasien: nicht eindeutig defi nierte Bezeichnung, die sowohl für die zwischen dem asiatischen Festland und Australien liegende Region als auch als Gesamtbegriff für Australien, Neuseeland und die pazifi sche Inselwelt benutzt wird 5 10 15 20 5 10 97Vom Handel zur Herrschaft: der englische Imperialismus am Beispiel Indiens Nu zu P rü fzw ec ke n Ei ge nt um s C .C .B uc hn er V er la gs | |
![]() « | ![]() » |
» Zur Flash-Version des Livebooks |