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101Expansion im Industriezeitalter: Motive und Grundzüge des europäischen Imperialismus und Stützpunkte in aller Welt umfasste. Die Rufe nach einem „größeren Britannien“ ebenso wie nach einem „neuen Frankreich“ wurden immer lauter (u M2). Gleichzeitig setzte das zaristische Russland seine Expansion bis nach Persien und an die Grenzen Afghanistans, Koreas und nach China fort. Auch die USA und Japan, das sich im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts in einem raschen Indus trialisierungsund Modernisierungsprozess dem europäisch-amerikanischen Vorbild anglich, beteiligten sich an diesem Vorgang. Da die noch „freien“ Gebiete der Erde begrenzt waren, entwickelte sich ein internationales Ringen um Vergrößerung der eigenen Territorien und Abrundung der Einfl ussgebiete. Die Konkurrenzsituation beschleunigte den Prozess der Landnahme enorm. Innerhalb weniger Jahrzehnte teilten die Kolonialmächte die Welt unter sich auf und unterwarfen die unterlegenen Länder und Völker. Vor dem Ersten Weltkrieg stand die Hälfte der Erde und damit mehr als 600 Millionen Menschen unter kolonialer Herrschaft. Industrialisierung und Globalisierung Lange vor Beginn der Industrialisierung hatte sich durch den überseeischen Handel ein global vernetztes Wirtschaftssystem gebildet. Europäische Handelsgesellschaften besaßen Niederlassungen in Asien, Afrika und Amerika, um dort Rohstoffe wie Gewürze, Pfl anzenfarben, Baumwolle, Kaffee, Kautschuk, aber auch Edelmetalle und Mineralien billig einzukaufen und nach Europa zu verschiffen. Einen entscheidenden Schub erhielten die weltweiten wirtschaftlichen Verfl echtungen jedoch erst durch technische Innovationen im Zuge der Industrialisierung. Dampfschiffe sorgten mit ihren größeren Ladekapazitäten und höheren Geschwindigkeiten für den billigen Transport von Massengütern über große Entfernungen und eine enorme Ausweitung der Absatzmöglichkeiten. Eisenbahnen ermöglichten die Erschließung weitläufi ger Länder. Telegraf und Telefon revolutionierten die Übermittlung von Informationen. Die Dynamik der Industriellen Revolution ging jedoch auch mit einer zunehmenden kapitalistischen Konkurrenzwirtschaft einher. Der Weltmarkt ließ die Industriestaaten von internationalen konjunkturellen Krisen abhängig werden. Warenüberangebote, Preiseinbrüche, Produktionsrückgänge und steigende Arbeitslosigkeit führten zu einem scharfen Wettbewerb der Industriestaaten untereinander. Durch die rasch steigenden Produktionsmengen erhöhte sich die Nachfrage nach Rohstoffen, die die europäischen Länder selbst nicht produzieren konnten. Zwischen 1890 und 1910 verdreifachte sich beispielsweise auf dem Weltmarkt der Preis für Kautschuk, der für die Reifen von Fahrrädern und Autos gebraucht wurde. Von zeitgenössischen Verfechtern und Kritikern der imperialistischen Politik, aber auch in der modernen Forschung wurde ein enger Zusammenhang zwischen dem in dus triell-kapitalistischen Wirtschaftssystem und der imperialistischen Politik hergestellt (u M3). Beide Seiten argumentierten, dass die Kolonien als Rohstoffl ieferanten und Absatzmärkte für das Wirtschaftswachstum der Industrienationen von existenzieller Bedeutung gewesen seien und dies letztlich ausschlaggebend für die Expansionspolitik war. Von Ausnahmen wie Britisch-Indien abgesehen war die gesamtwirtschaftliche Bilanz der Kolonien jedoch eher negativ, auch wenn einzelne Firmen oder Interessengruppen große Gewinne aus den Kolonien zogen. Der Export von Fertigprodukten in die Kolonien war gering (u M4). Mehr als zwei Drittel des Welthandels konzentrierten sich bis 1914 auf die Industrienationen. Der größte Teil des restlichen Drittels verteilte Industrialisierung (lat. industria: Fleiß, Betriebsamkeit): die Einführung und Verbreitung industrieller (auf Maschineneinsatz und Arbeitsteilung beruhender) Formen der Produktion von Waren. Im Verlauf dieser Entwicklung wurde aus einer Agrargesellschaft, in der die meisten Menschen von der Landwirtschaft lebten, eine Industriegesellschaft, in der die Mehrheit der Erwerbstätigen in der Industrie tätig war. Der Prozess der Industrialisierung wurde begleitet von einer Bevölkerungsexplosion und der Verstädterung. Globalisierung: Der Begriff charakterisiert die rapiden wirtschaftlichen Wandlungsprozesse, die seit dem Ende des Ost-West-Konfl iktes die Welt prägen. Allgemein kann unter Globalisierung ein Prozess verstanden werden, in dem sich Wirtschaftsund Gesellschaftssysteme über die Grenzen der Nationalstaaten hinaus in ökonomischer, aber auch sozialer und kultureller Hinsicht immer stärker miteinander vernetzen. Internettipp: Zum Kolonialismus siehe Code 32021-07 Nu zu P rü fzw ec ke n Ei g nt um d s C .C .B uc hn er V er la gs | |
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