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105Expansion im Industriezeitalter: Motive und Grundzüge des europäischen Imperialismus M1 Was ist Imperialismus? Der Historiker Jürgen Osterhammel analysiert die Begriffe Imperialismus und Kolonialismus: „Imperialismus“ ist der Begriff, unter dem alle Kräf te und Aktivitäten zusammengefasst werden, die zum Aufbau und zur Erhaltung […] transkolonialer Imperien beitrugen. Zum Imperialismus gehört auch der Wille und das Vermögen eines imperialen Zentrums, die eigenen nationalstaatlichen Interessen immer wieder als imperiale zu defi nieren und sie in der Anarchie des internationalen Systems weltweit geltend zu machen. Imperialismus impliziert also nicht bloß Kolonialpolitik, sondern „Weltpolitik“, für welche Kolonien nicht allein Zwecke in sich selbst, sondern auch Pfänder in globalen Machtspielen sind. Die seit dem letzten Drittel des 19. Jahrhunderts bei den Großmächten beliebte Idee, Kolonien kompensatorisch – durch Tausch (z. B. Helgoland gegen Sansibar 1890), Anerkennung geopolitischer Ansprüche dritter Mächte, eigene „nachholende“ Kolonialforderungen usw. – zum Austarieren der internationalen, vornehmlich der innereuropäischen, Machtbalance einzusetzen, ist typisch „imperialistisch“ und einem „kolonialistischen“ Denken fremd, das Kolonien als dau erhaft „erworben“ oder „anvertraut“ betrachtet. Imperialismus wird von den Staatskanzleien, Au ßenund Kriegsministerien geplant und ausgeführt, Kolonialismus von Kolonialbehörden und „men on the spot“. Solche ereignisgeschichtlich fassbare Welt politik muss jedoch immer (a) vor dem Hintergrund der Herausbildung eines Weltstaatensystems und (b) im Rahmen langsam sich entwickelnder Strukturen der Ungleichheit im wirtschaftlichen Verkehr zwischen den Räumen der Erde gesehen werden. „Imperialismus“ und „Kolonialismus“ sind also nicht dasselbe. „Imperialismus“ ist in mancher Hinsicht der Begriff mit der umfassenderen Bedeutung, sodass „Kolonialismus“ geradezu als sein Spezialfall erscheint. […] Da jedoch „Imperialismus“ die Möglichkeit weltweiter Interessenwahrnehmung und informell abgestützter kapitalistischer Durchdringung großer Wirtschaftsräume einschließt, wird man den Begriff für die frühneuzeitlichen Kolonialreiche […] zögernd verwenden und nur mit Vorbehalt von „spanischem Imperialismus“ sprechen. Jürgen Osterhammel, Kolonialismus. Geschichte – Formen – Folgen, München 52006, S. 27 f. 1. Benennen Sie Unterschiede zwischen Imperialismus und Kolonialismus und stellen Sie beide einander gegenüber. 2. Arbeiten Sie heraus, welche Voraussetzungen und Triebkräfte dem Imperialismus laut Osterhammel zugrunde liegen. M2 Die Förderung des britischen Empire 1877 fordert Cecil J. Rhodes, späterer Direktor der British South Africa Company und von 1890 bis 1896 Premierminister der Kap-Republik, eine verstärkte britische Expansion in Afrika: Ich behaupte, dass wir die erste Rasse in der Welt sind und dass es für die Menschheit umso besser ist, je größere Teile der Welt wir bewohnen. Ich behaupte, dass jedes Stück Land, das unserem Gebiet hinzugefügt wird, die Geburt von mehr Angehörigen der englischen Rasse bedeutet, die sonst nicht ins Dasein gerufen worden wären. Darüber hinaus bedeutet es einfach das Ende aller Kriege, wenn der größere Teil der Welt in unserer Herrschaft aufgeht. […] Die Förderung des britischen Empire, mit dem Ziel, die ganze zivilisierte Welt unter britische Herrschaft zu bringen, die Wiedergewinnung der Vereinigten Staaten, um die angelsächsische Rasse zu einem einzigen Weltreich zu machen. Was für ein Traum! Aber dennoch ist er wahrscheinlich. Er ist realisierbar. […] i „The Rhodes Colossus. Striding from Cape Town to Cairo.“ Karikatur aus der englischen Satirezeitschrift „Punch“ vom 10. Dezember 1892. pp Finden Sie heraus, welche Bedeutung Cecil Rhodes für die Kolonialisierung Afrikas zukam, und beschreiben Sie, wie der Karikaturist ihn hier darstellt. 5 10 15 20 25 30 35 5 10 Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um d es C .C .B uc hn er V er la gs | |
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