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109Expansion im Industriezeitalter: Motive und Grundzüge des europäischen Imperialismus auch das Gebiet, wel ches er im Auftrage verwaltete, entsprach nicht unbedingt einer präkolonialen Einheit. Der Einfachheit wegen teilten die Franzosen das Land administrativ und häufi g ohne Rücksicht auf präkoloniale po litische Grenzen in Kantone ein. Während die Briten größte Rücksicht auf traditionelle Auswahlmethoden nahmen, kam es den Franzosen mehr auf die potenzielle Effi zienz der Chiefs als auf deren Legitimität an, da sie als Beauftragte der Administration galten. […] Es steht also außer Frage, dass die Franzosen bewusst die Machtbefugnisse des Chiefs abänderten: Seine Funktionen wurden reduziert auf die eines Sprachrohrs für Befehle, die andere erteilten. Michael Crowder, Indirect Rule – French and British Style, in: Africa XXXIV, 3, 1964, S. 197 205 (übersetzt von Klaus Figge), in: Rudolf von Albertini (Hrsg.), Moderne Kolonialgeschichte, Köln/Berlin 1970, S. 220 229 1. Schildern Sie die Unterschiede zwischen dem britischen und dem französischen kolonialen Herrschaftssystem und suchen Sie nach Gründen für das jeweilige Vorgehen der Mächte. 2. Vergleichen Sie die von Crowder skizzierten Herrschaftsmethoden mit jenen, die die Deutschen in Südwestafrika (siehe M7) anwandten. Ziehen Sie die Karikatur hinzu: Welche Aspekte decken sich, welche nicht? 3. Stellen Sie Überlegungen zu den Auswirkungen der unterschiedlichen Herrschaftsformen auf die Bevölkerung der jeweiligen unterworfenen Gebiete an und bewerten Sie diese. M7 Der Herero-Aufstand und seine Folgen a) Am 2. Oktober 1904 erlässt der Kommandeur der deutschen Schutztruppe, General Lothar von Trotha, in Deutsch-Südwestafrika einen Schießbefehl gegen das aufständische Volk der Herero: Die Herero sind nicht mehr deutsche Untertanen. Sie haben gemordet und gestohlen, haben verwundeten Soldaten Ohren und Nasen und andere Körperteile abgeschnitten und wollen jetzt aus Feigheit nicht mehr kämpfen. Ich sage dem Volk: Jeder, der einen der Kapitäne an eine meiner Stationen als Gefangenen abliefert, erhält tausend Mark, wer Samuel Maherero1 bringt, erhält fünftausend Mark. Das Volk der Herero muss jedoch das Land verlassen. Wenn das Volk dies nicht tut, so werde ich es mit dem Groot Rohr2 dazu zwingen. Innerhalb der deutschen Grenze wird jeder Herero, mit oder ohne Gewehr, mit oder ohne Vieh erschossen, ich nehme keine Weiber und keine Kinder mehr auf, treibe sie zu ihrem Volke zurück oder lasse auf sie schießen. Dies sind meine Worte an das Volk der Herero. Der große General des mächtigen deutschen Kaisers. b) Zwei Tage später schildert er Generaloberst Graf von Schlieffen seine Strategie der Kriegführung: Es fragte sich nun für mich nur, wie ist der Krieg mit den Herero zu beendigen. Die Ansichten darüber bei dem Gouverneur und einigen „alten Afrikanern“ einerseits und mir andererseits gehen gänzlich auseinander. Erstere wollten schon lange verhandeln und bezeichnen die Nation der Herero als notwendiges Arbeitsmaterial für die zukünftige Verwendung des Landes. Ich bin gänzlich anderer Ansicht. Ich 25 30 35 i „So kolonisiert …“ Karikaturserie aus dem „Simplicissimus“ von Thomas Theodor Heine, 1904. 1 Samuel Maherero: Anführer der aufständischen Herero 2 Groot Rohr: kapholländisch für Geschütz, Kanone 5 10 15 20 Nu r z u Pr üf zw ec ke Ei ge nt um d es C .C .B uc ne r V er la gs | |
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