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M7 Kreuzzugskritik a) Über die Motive derjenigen, die sich am Zweiten Kreuzzug beteiligt haben, notieren die Annalen von Würzburg Mitte des 12. Jahrhunderts: Gott hat es zugelassen, dass die westliche Christenheit gezüchtigt wird, weil ihre Sünden dies erforderten. Denn es erhoben sich gewisse Pseudopropheten [...], die mit törichten Worten die Christen verführten und das ganze Menschengeschlecht durch nichtige Predigt nötigten, zur Befreiung der Jerusalemer gegen die Sarazenen zu ziehen. Deren Predigt hatte einen so gewaltigen Erfolg, dass fast alle Bewohner dieser Gebiete [...] sich freiwillig sozusagen für den gemeinsamen Untergang aufopferten. Und nicht nur Leute aus dem Volk, sondern auch Könige, Herzöge, Markgrafen und die übrigen Machthaber dieser Welt meinten, Gott Gefolgschaft zu leisten, und in diesem Irrtum schlossen sich auch Bischöfe, Erzbischöfe, Äbte und andere Diener und Würdenträger der Kirche an. [...] Es eilten so ohne Unterschied Menschen beiderlei Geschlechts herbei, Männer mit Frauen, Arme mit Reichen, Fürsten und hohe Adlige der verschiedenen Reiche […]. Jeder hatte dabei eigene Absichten: Die einen, begierig auf Neues, wollten die neuen Länder besichtigen. Andere, die die Not bedrängte oder denen es zu Hause zu eng wurde, kämpften nicht nur gegen die Feinde des Kreuzes Christi, sondern auch gegen Freunde des Christentums, wo es ihnen nützlich schien, um der Armut zu entkommen. Andere, die durch Schulden bedrückt waren oder dem schuldigen Dienst gegenüber einem Herrn entfl iehen wollten oder wegen Verbrechen auf ihre verdiente Strafe warteten, gaben vor, Gott nachzueifern, und wollten doch nur ihren Schwierigkeiten und Sorgen entkommen. Nur wenige fanden sich, die heilige und heilsame Absichten hatten. b) 1274 fasst der Dominikaner Humbert von Romans die zwischenzeitliche Kritik an der Kreuzzugsbewegung zusammen: Einige Kritiker sagen, dass es nicht im Einklang mit dem christlichen Glauben stünde, Blut auf diese Weise zu vergießen, selbst wenn es das Blut der verruchten Ungläubigen ist. Denn Christus selbst habe nicht in dieser Weise gehandelt. Andere sagen, dass man, obgleich das Blut der Sarazenen keiner Schonung bedarf, christliches Blut und Leben schonen müsse. [...] Zeuge es von Weisheit, eine große Anzahl der Unsrigen, unter ihnen bedeutende Männer, einem solchen Wagnis auszusetzen? Andere sagen, dass die Bedingungen des Krieges ungünstiger sind, wenn die Unsrigen nach Übersee zum Sarazenenkampf ziehen, denn wir sind nur wenige im Vergleich zu des Feindes Überzahl. [...] Andere sagen, dass wir die Pfl icht haben, uns gegen die Sarazenen zu verteidigen, wenn sie uns angreifen, jedoch nicht das Recht, ihre Länder und Menschen anzugreifen, wenn sie uns in Frieden lassen. [...] Andere fragen, warum wir, wenn wir die Welt von den Sarazenen befreien sollen, nicht dasselbe mit den Juden tun? [...] Andere fragen nach dem Ziel des Angriffes auf die Sarazenen. Denn diese werden hierdurch nicht zur Bekehrung bewegt, sondern vielmehr gegen den christlichen Glauben aufgebracht. [...] Andere sagen, dass ein derartiges Vorrücken der Christenheit gegen die Sarazenen nicht dem göttlichen Willen zu entsprechen scheint, da Gott die Misserfolge der Christen in diesen Unternehmungen zugelassen 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 i Denkmal des arabischen Herrschers Saladin in Damaskus. Foto von 2009. Saladin (1137 / 38 1193), ein Feldherr sunnitisch-kurdischer Herkunft, vereinigte die muslimischen Kräfte im 12. Jh.. Er besiegte in mehreren Schlachten christliche Kreuzfahrerheere und eroberte Jerusalem zurück. Durch diese Niederlagen wurde die christliche Herrschaft in Palästina auf wenige, kaum verbundene Gebiete zurückgedrängt. Die Figuren hinter dem Reiter stellen besiegte Kreuzfahrerherrscher dar, den König von Jerusalem und den Fürsten von Antiochia, die beide in der Schlacht von Hattin (Hochebene westlich des Sees Genezareth) im Jahr 1187 gefangen genommen wurden. p Arbeiten Sie die vermutlich beabsichtigte Wirkung des Denkmals auf Betrachter heraus. 57Kreuzzugsbewegungen Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um d es C .C .B uc hn er V er la gs | |
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