Volltext anzeigen | |
45Krise der Herrschaft: Reformen im Reich Krise des Königtums An der Spitze des Deutschen Reiches, das erst seit dem ausgehenden 15. Jahrhundert als Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation (lat. Sacrum Imperium Romanum Nationis Germanicae) bezeichnet wird, standen gewählte Könige. Sie durften sich Kaiser nennen, wenn sie vom Papst gesalbt und gekrönt worden waren. Aufgabe der Könige war es, für Frieden und Recht zu sorgen. Als Kaiser hatten sie darüber hinaus die Kirche zu schützen und die Einheit des Chris tentums zu wahren. Um diese Aufgaben erfüllen zu können, waren die Könige auf die Unterstützung der mächtigen Landesherren angewiesen: der Herzöge, Reichsbischöfe, Pfalzgrafen usw. Aus diesem Kreis bildete sich ein bestimmtes Kollegium, das die römisch-deutschen Könige wählte: die Kurfürsten. Sie bestimmten nach dem Ende der Staufer vor allem „schwache“ Fürsten mit kleiner Machtgrundlage zu Königen, um ihre eigene Macht nicht zu schwächen. Es störte die weltlichen Kurfürsten kaum, wenn die gewählten Könige keine Kaiserwürde vom Papst erlangten. Die Folge war, dass nur etwa die Hälfte der römisch-deutschen Könige des Spätmittelalters die Kaiserwürde erhielt und das Königtum an Ansehen verlor. Grundlage der Königsmacht war das Reichsgut. Es bestand vor allem aus Grundbesitz und Herrschaftsrechten (Münz-, Marktund Zollrechte u. a.). Auch die reichsunmittelbaren Städte – um 1500 waren das noch etwa 65 – zählten dazu. Die Einnahmen aus dem Reichsgut sollten für die Hofhaltung und die Erhaltung der Macht sorgen. Oft diente es auch dazu, das Hausgut der Könige zu vergrößern. In der Regel reichte das Reichsgut zur Herrschaft nicht aus. Die Könige verkauften oder verpfändeten daher Teile des Reichsgutes. Nach und nach wurde so die Machtbasis des Königtums geschmälert. Dagegen wuchs seit Mitte des 13. Jahrhunderts die Macht der Landesherren. Durch Eheschließungen, Erbschaften, Kauf und Tausch, aber auch durch Kriege und eigens angezettelte Fehden vergrößerten sie ihren Herrschaftsbereich. Die Goldene Bulle Angesichts der Doppelwahlen von Königen, versuchte Karl IV. aus dem Geschlecht der Luxemburger, das Königtum zu stärken. Er selbst war 1346 in einer umstrittenen Königswahl zum römisch-deutschen König erhoben und 1355 vom Papst in Avignon zum Kaiser gekrönt worden. Gemeinsam mit den Kurfürsten erarbeitete er 1356 auf zwei Hoftagen in Nürnberg und Metz ein „Kaiserliches Rechtsbuch“: die Goldene Bulle. Die Bezeichnung bezieht sich auf das an seidenen Bändern hängende goldene kaiserliche Siegel der Urkunde. Das Gesetz regelte unter anderem das ZereKrise der Herrschaft: Reformen im Reich i Die Kurfürsten am 27. November 1308. Miniatur aus einer Bilderhandschrift des 14. Jahrhunderts. Die sieben Kurfürsten sitzen auf einer Bank. Sie haben soeben im Frankfurter Dominikanerkloster Heinrich VII. als ersten römisch-deutschen König aus der Familie der Luxemburger zum König erhoben. Die Wappen über ihren Köpfen identifi zieren sie (von links nach rechts) als die Erzbischöfe von Köln, Mainz und Trier, den Pfalzgrafen bei Rhein, den Herzog von Sachsen, den Markgrafen von Brandenburg und den König von Böhmen. Kurfürsten: die Fürsten, die den König „küren“ (wählen) durften Staufer: schwäbisches Adelsgeschlecht, das von 1138 bis 1254 die deutschen Könige und Kaiser stellte 32015_1_1_2015_Kap1_008-081.indd 45 01.04.15 10:57 N r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um d es C .C . B uc hn er V er la gs | |
« | » |
» Zur Flash-Version des Livebooks |