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49Krise der Herrschaft: Reformen im Reich Leute. Sie schindeten und beraubten alle Leute und schonten niemanden. Die Leute von allen Dörfern waren gefl ohen und brachten, was sie an Korn, Vieh, Pferden und Kühen hatten, jeder in die Stadt, die in seiner Nähe war. Alle waren in die Städte gefl ohen mit ihrem Besitz, und die Trabanten1 gingen in die Klöster und schlugen Schränke und Bänke entzwei. Und als das Heer an unserer Stadt vorüberzog, da wurde ein adliger Mann aus Mähren mit Namen Johann Fisch vor unserer Stadt totgeschlagen. Dieser Totschlag geschah nicht vonseiten unserer Stadt. Als die böhmischen Herren das am Abend erfuhren, gingen sie zu dem Herzog, fi elen ihm zu Füßen und beklagten sich sehr über die von Göttingen, dass der erwähnte Johann schuldlos totgeschlagen worden sei, obwohl sie doch in keiner Weise nachweisen konnten, dass wir es getan hätten, und baten, den Totschlag zu rächen. Und des Nachts schrieb der Herzog von Sachsen unserem Herrn, dass dieser Totschlag von uns geschehen sein sollte, und dass er vier aus dem Rat mitbringen sollte, die sich wegen der Tat verantworten sollten. Also hielt unser gnädiger Herr Rat, und als er zum Heer kam, war der Herzog von Sachsen unmutig, und die böhmischen Herren und Trabanten waren sehr zornig und wollten unbedingt gegen uns ziehen, was unser Herr mit großer Mühe abwandte. Wenn sie uns gestürmt hätten, wären wir in Sorge gewesen, dass sie unsere Stadt gewonnen hätten, und die Bürger und wir wären hoffnungslos und erledigt gewesen. Nach: Hartmut Boockmann, Das Mittelalter. Ein Lesebuch aus Texten und Zeugnissen des 6. bis 16. Jahrhunderts, München 1988, S. 227 229 1. Beschreiben Sie die Situation a) der Landbevölkerung, b) der Bürger Göttingens, c) der beteiligten Adligen. 2. Erläutern Sie, inwieweit hier eine „Krise des Reiches“ vorliegt. 3. Die „Soester Fehde“ ist ein Beleg für die „Krise des Spätmittelalters“. Entwickeln Sie zu dieser Behauptung Stellungnahmen aus der Sicht der Historiker Vierhaus, Graus und Schuster (siehe dazu Seite 20 bis 22). M3 „Der ewige Landfriede“ Auf dem Reichstag zu Worms beschließen König Maximilian I. und die Vertreter der Stände 1495 folgende Reform: Wir Maximilian, von Gottes Gnaden Römischer König, haben für das Heilige Römische Reich Deutscher Nation einen allgemeinen Frieden geplant, aufgerichtet, angeordnet und gemacht kraft dieses Briefes: § 1. Von der Zeit dieser Verkündung an soll niemand den andern befehden, bekriegen, berauben, fangen, mit Krieg überziehen, belagern, noch Schloss, Stadt, Markt, Befestigung, Dörfer, Höfe oder Weiler plündern, mit Gewalt einnehmen oder mit Brand oder in anderer Art beschädigen. Auch soll niemand solchen Tätern Rat, Hilfe, Beistand oder Vorschub leisten, noch sie beherbergen, ihnen Essen und Trinken oder Aufenthalt gewähren. Wer Ansprüche gegen jemanden erhebt, der soll sich an die Gerichte wenden, da diese Sachen jetzt in der Ordnung des Kammergerichts stehen […]. […] § 6. Und wenn die Übertreter dieses Friedens Schutz oder sonstige Hilfe oder Gunst erhalten, sodass erhebliche Hilfe oder ein Feldzug nötig wäre, oder wenn jemand, der diesen Landfrieden befolgt, von jemand, der diesen Landfrieden nicht befolgt, befehdet, bekriegt oder sonst geschädigt wird, soll dies durch die Geschädigten selbst oder durch Unsern Kammerrichter an Uns oder Unsern Anwalt und die jährliche Versammlung der Kurfürsten, Fürsten und Stände des Reiches gebracht werden. Den Bekriegten oder Geschädigten soll unverzüglich Hilfe und Beistand gewährt werden. Zur Durchführung der neuen Ordnung wird beschlossen: § 1. Was die Verächter und Übertreter Unseres Friedens betrifft […] ordnen Wir an, dass am nächsten Fest Mariä Reinigung [= 2. Februar] Wir und Unsere Kurfürsten, Fürsten […] und die Reichsstände nach Frankfurt kommen, um dort zu beschließen, wie Friedensbrecher bestraft und zur Wiedergutmachung der Schäden gebracht werden, um festzustellen, ob gefällten Urteilen Folge geleistet wurde, und um Tag und Ort des nächsten Zusammenkommens festzusetzen. § 2. Es sollen die Kurfürsten, Fürsten […], die zu der jährlichen Versammlung kommen, wenigstens einen Monat beieinander bleiben und verbindlich und endgültig beratschlagen und beschließen. […] § 7. Auch sollen Wir und Unser lieber Sohn und auch Unsere Kurfürsten, Fürsten und Stände des Reiches ohne Wissen und Willen der gemeinsamen jährlichen Versammlung keinen Krieg oder Kampf anfangen. […] § 8. Was auch immer an Landen, Leuten, Städten, Flecken, Märkten oder Dörfern durch die allgemeine Hilfe erobert wurde, soll dem allgemeinen Reich vorbehalten sein und bleiben. Nach: Fritz Dickmann (Bearb.), Geschichte in Quellen, Bd. 3: Renaissance, Glaubenskämpfe, Absolutismus, München 21976, S. 95 f. und 101 f. (vereinfacht) 1. Geben Sie die mit dem „ewigen Landfrieden“ verbundenen Ziele wieder. 2. Setzen Sie M2 und M3 in Beziehung zueinander.1 Trabant: Landsknecht 15 20 25 30 35 5 10 15 20 25 30 35 40 32015_1_1_2015_Kap1_008-081.indd 49 01.04.15 10:57 Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um d es C .C . B uc hn er V er la gs | |
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