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55Die Kirche in der Krise M4 Der Ablasshandel Peter Wiegand äußert sich 2013 in einem Katalogbeitrag über die Ablasspraxis: Wer am Schatz der Kirche teilhaben und den Erlass seiner Sündenstrafen erwirken wollte, dem standen in den Jahren um 1500 viele Wege offen. Ablässe boten die großen Pilgerzentren Europas ebenso wie die zahllosen Kirchen und Kapellen, die sich als Ziel einer Nahwallfahrt1 oder als lokale Andachtsstätte etabliert hatten. Wer eine beschwerliche Reise scheute, dem brachten umherziehende Prediger die Indulgenzen2 ihrer Heimatkirchen bis vor die Haustür. Schon seit dem Ende es 14. Jh. wurden auch die päpstlichen Ablasskommissare auf dem Feld mobiler Angebote aktiv. In großräumigen Kampagnen verbreiteten sie vor allem den Kreuzzugsablass3 und den ursprünglich nur in Rom zu erlangenden Jubiläumsablass4. Als Plenarindulgenzen5 verhießen diese einen maximalen Heilsgewinn. Die päpstlichen Ablasskampagnen wurden zu einem Motor einer lebhaften Konkurrenz zwischen alltäglichen und saisonalen Ablassangeboten. Sie heizten die Nachfrage nach Ablässen weiter an, trugen aber auch zur schleichenden Übersättigung des „Ablassmarktes“ bei. Die veräußerlichten Formen des Ablassgeschäfts, die während der großen Kampagnen besonders zutage traten, schürten die unter Theo logen und Laien schon lange vorhandene Ablasskritik. Fürstliche und städtische Gravamina6, die sich gegen die Auswüchse eines kurialen Fiskalismus wandten, zielten vor allem auf die römischen Ablasskommissare, deren Präsenz gerade in Deutschland als übermäßig empfunden wurde. Peter Wiegand, Die Ablasskampagnen, in: Alltag und Frömmigkeit am Vorabend der Reformation in Mitteldeutschland, Katalog zur Ausstellung „Umsonst ist der Tod“, hrsg. im Auftrag der Mühlhäuser Museen, des Stadtgeschichtlichen Museums Leipzig und des Kulturhistorischen Museums Magdeburg, Petersberg 2013, S. 362 363 1. Fassen Sie stichpunktartig zusammen, welche Arten von Ablässen die Gläubigen im Spätmittelalter erwerben konnten. 2. Erklären Sie, was Peter Wiegand mit einer „Übersättigung des ‚Ablassmarktes‘ “(Zeile 18 f.) meint. 3. Recherchieren Sie im Internet oder in Fachbücher über die „Gravamina der deutschen Nation“. Tragen Sie anschließend Ihre Ergebnisse in einem Kurzreferat vor. 5 10 15 20 25 30 i Kritik am Ablasshandel. Titelblatt einer anonymen Flugschrift gegen den Ablass von 1520. p Gliedern Sie das Titelblatt in sinnvolle Bereiche und geben Sie diesen jeweils eine passende Überschrift. p Charakterisieren Sie die verschiedenen Personengruppen. p Interpretieren Sie, warum auf dem Kreuz in der Mitte des Bildes zwar eine Dornenkrone, nicht aber der gekreuzigte Jesus Christus zu sehen ist. Worauf wollte der Künstler damit hinweisen? 1 Wallfahrt (von mhdt. wallen: unterwegs sein): Reise, die den Besuch einer Pilgerstätte zum Ziel hat. Zu den beliebtesten Pilgerzielen zählten Rom (Apostel Peter und Paul), Santiago de Compostela (Apostel Jakob) und Jerusalem, der Schauplatz des biblischen Heilsgeschehens. 2 Indulgenz: hier: Ablass der zeitlichen Sündenstrafen 3 Diesen Ablass erhielten die Teilnehmer der Kreuzzüge. 4 Der Ablass wurde im Rahmen besonderer Jubeljahre bzw. Heiligen Jahre gewährt. Papst Bonifatius VIII. rief 1300 erstmals ein solches kirchliches Jubeljahr für nach Rom reisende Pilger aus. 5 Plenarindulgenz: vollständige Tilgung aller Sündenstrafen 6 Gravamina: hier: Beschwerden gegen die Kirche 32015_1_1_2015_Kap1_008-081.indd 55 01.04.15 10:57 Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um d es C .C . B uc hn er V er la gs | |
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