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59Anfänge und Verlauf der Reformation Reich und Reformation Die römisch-katholische Kirche missbilligte Luthers Lehre und forderte ihn auf, sie zu widerrufen. Aber Luther weigerte sich und brach öffentlich mit der Kirche. Daraufhin verhängte der Papst den Bann über ihn. Der erst 19 Jahre alte, seit 1519 regierende Kaiser Karl V. wollte die Einheit der katholischen Kirche erhalten. Die höchsten Obrigkeiten im Reich, Kaiser Karl V. und die Fürsten, luden Luther im Jahr 1521 daher vor ihren Wormser Reichstag. Der Reformator blieb sich jedoch treu und verweigerte den geforderten Widerruf. Im Gegenzug verhängte der Kaiser im Wormser Edikt die Reichsacht über ihn und seine Anhänger (u M3). Es war Luthers Glück, dass sein Landesherr, Kurfürst Friedrich der Weise, ihn auf der Wartburg in Sicherheit brachte und damit ihn und seine Lehre schützte. Jedoch konnte der Reformator Kursachsen nicht verlassen. Die Vollstreckung der Reichsacht oblag allerdings nicht dem Kaiser, sondern den Fürsten, weil nur sie in den Territorien des Reiches regierten. Einige vollstreckten das Edikt nicht, sodass der Reichstag 1526 den Vollzug des Ediktes überhaupt aussetzte. Drei Jahre später beschloss der Reichstag jedoch mit den Stimmen der katholischen Fürstenmehrheit, dass es wieder gelten sollte. Der Grund war, dass nach 1526 in Sachsen und Hessen eine evangelische Kirchenorganisation entstand. Die nun evangelischen Pfarrer, Diener und Lehrer wurden aus den eingezogenen Kirchengütern fi nanziert. Die vormaligen Eigentümer mussten den Verlust hinnehmen, darunter Erzbischöfe und Bischöfe, die selbst Fürsten des Reiches waren. Sie waren es, die seit 1529 den Vollzug des Wormser Ediktes und damit die Ächtung aller Evangelischen forderten. Die Macht, dies durchzusetzen, hatte nur der Kaiser, der aber seit 1521 nicht mehr im Reich weilte. Als König und Fürst in Spanien, (Süd-)Italien und den Niederlanden hatte Karl V. es mit zwei großen Gegnern zu tun. Der erste war König Franz I. von Frankreich, der Ansprüche auf italienische Besitzungen Karls erhob und sie seit 1521, wenngleich vergebens, zu erobern suchte. Der zweite Gegner war der Sultan des türkischen Osmanischen Reiches, Suleiman I. Er attackierte mit gewaltigen Flotten Inseln und Küsten des Mittelmeeres. Zugleich eroberten die Türken Südosteuropa bis weit nach Ungarn hinein und bedrohten sogar Österreich und das Reich in immer neuen Kriegen. Im Jahr 1530 kehrte Karl V. endlich nach Jahren der Abwesenheit ins Reich zurück. Er wollte und konnte die immer zahlreicheren evangelischen Fürsten und Städte nicht mit Gewalt in die Schranken weisen. Noch hoffte er auf die freiwillige Rückkehr der evangelischen Fürsten zur alten Kirche. Aber diese beharrten beim Augsburger Reichstag 1530 auf ihrem Glauben, nicht anders als Luther 1521. Der Kaiser verlangte eine Bekenntnisschrift, die einheitlich die evangelischen Glaubenssätze defi nierte, um anschließend darüber zu verhandeln. Das Resultat war das „Augsburger Bekenntnis“ (Confessio Augustana) (u M4). Der Text zog allerdings keine Einigung nach sich, sondern bewirkte das Gegenteil. Die Confessio wurde zur Richtschnur der neuen evangelischen Kirchen und ist es bis heute geblieben. 1. Erklären Sie den von Historikern geprägten Begriff „reformatorische Öffentlichkeit“. 2. Der deutsche Kirchenhistoriker Thomas Kaufmann von der Universität Göttingen schreibt 2006 in seiner Luther-Biografi e: „Luther ist der erste ,Medienstar‘ der Geschichte, der die Medienrevolution der Zeit zu nutzen wusste und zugleich von den neuen Medien aus der Druckerpresse benutzt wurde.“ Erörtern Sie, ob diese Aussage zutrifft. Karl V. (1500 1558): König (ab 1519) und Kaiser (ab 1530) des Heiligen Römischen Reiches aus dem Geschlecht der Habsburger. Er herrschte über große, weit über Europa und Südamerika verstreute Gebiete. Karl V. versuchte vergeblich, die religiöse Einheit des Reiches zu bewahren. 1556 dankte er als Kaiser ab. Reichsacht: Ausschluss aus der Gesellschaft wegen schwerer Verbrechen. Der Geächtete war rechtlos und durfte von jedermann strafl os beraubt oder getötet werden. Die Acht schloss ein Gemeinschaftsverbot ein, d. h. niemand durfte mit dem Geächteten Umgang haben. 32015_1_1_2015_Kap1_008-081.indd 59 01.04.15 10:57 Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um d es C .C . B uc hn er V er la gs | |
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