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71Auswirkungen im Reich und auf Europa Der frühmoderne Staat entsteht Die Einheit der Konfession begünstigte die Regenten und ihre Verwaltung, also den „Staat“. Sie konnten die Herrschaft im Innern wie noch nie zuvor ausbauen. Die Verwaltungen wurden größer, obgleich nicht immer effi zienter. Schulen und Universitäten bildeten in wachsender Anzahl treue Kirchen und Staatsdiener aus. Die Kriege zwischen den europäischen Mächten führten dazu, dass viele Staaten ab der Mitte des 17. Jahr hunderts stehende Heere unterhielten. Diese Veränderungen kosteten gewaltige Summen, die aus Steuern aufgebracht wurden. Die Steuern vervielfachten sich deshalb zwischen 1550 und 1650. Von da an wurden die Untertanen und später die Bürger in Europa regelmäßig hoch besteuert. In dieser Zeit wurden auch die Fundamente des modernen Staates gelegt. Er verlangt zwar heute von seinen Bürgern keine bestimmte Konfession mehr, aber immer noch gebietet er über die Verwaltung, das Bildungswesen, das Militär und die Steuern. Deshalb bezeichnen die beschriebenen Veränderungen bis 1650 die Entstehungsphase des frühmodernen Staates. Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation 1555 1618 Im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation bekämpfte Kaiser Karl V., der von 1519 bis 1556 regierte, die evangelischen Fürsten seit 1546 mit Waffengewalt, aber ohne wirklichen Erfolg. Deshalb schloss sein Bruder, der spätere Kaiser Ferdinand I., 1555 Frieden mit den Reichsständen, d. h. mit den Fürsten, Grafen und Städten, die Sitz und Stimme beim Reichstag hatten. Dieser Augsburger Religionsfrieden ließ zwei Konfessionen im Reich zu, die katholische und die evangelische (u M9). Jedoch galt, dass die Reichsstände in ihren Territorien die Konfession bestimmen konnten. Anderskonfessionelle Untertanen durften auswandern, tatsächlich wurden sie bald vertrieben. Allerdings hörte nach 1555 jede Gewaltanwendung zwischen dem Kaiser, den katholischen und den evangelischen Reichsständen auf; etwa dreißig Jahre lebten die Konfessionen friedlich nebeneinander. Um 1590 jedoch kippte die Stimmung. Eine neue Generation, die in den Konfessionsschulen und -universitäten erzogen worden war, betrat die politische Bühne. Immer erbitterter stritten die Reichsstände um die Auslegung des Religionsfriedens. Vor allem forderten die katholischen Fürsten Kirchengut zurück, das die evangelischen nach 1555 eingezogen hatten. Die regelmäßigen Reichstage, auf denen Kaiser und Reichsstände miteinander verhan delten, brachten keine Einigung. 1608 schlossen sich einige evangelische und calvinistische Fürsten zu einem militärischen Schutzbündnis zusammen: der Union. Im Gegenzug verbündeten sich ein Jahr später die meisten katholischen Fürsten in der Liga. Beide Bündnisse bemühten sich um Unterstützung durch ausländische Mächte: die Union in Frankreich, England und den Niederlanden, die Liga in Spanien und Polen. Ausblick: der Dreißigjährige Krieg 1618 erhoben sich protestantische Adlige Böhmens gegen ihren katholischen König Ferdinand aus dem Hause Habsburg. Sie warfen ihm vor, gegen verbriefte Rechte verstoßen zu haben, so gegen das Recht der freien Religionsausübung. Die Böhmen setzten Ferdinand schließlich ab und erhoben den pfälzischen Kurfürsten Friedrich V. zum neuen König. Ferdinand, seit 1619 Kaiser Ferdinand II., bekämpfte den Aufstand und holte sich die böhmische Krone mithilfe bayerischer und spanischer Truppen zurück. Friedrich V., der rebellische Adel und 150 000 böhmische Protestanten mussten fl iehen. 32015_1_1_2015_Kap1_008-081.indd 71 01.04.15 10:57 Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge tu m d es C .C . B uc hn er V er la gs | |
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