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M1 Roosevelt vor der Präsidentschaftswahl Der 1882 geborene Roosevelt stammt aus einer wohlhabenden Familie, studiert Jura und arbeitet als Rechtsanwalt. Er engagiert sich in der Demokratischen Partei und wird Senator des Staates New York. 1921 erkrankt er an Kinderlähmung. Trotzdem behält er seinen Optimismus bei und vermittelt den Menschen Selbstvertrauen und Mut. 1928 wird er Gouverneur des Staates New York. 1931 erhöht er die Einkommensteuer in New York um 50 Prozent und schafft Hilfsprogramme für Arbeitslose. Am 23. September 1932 stellt Roosevelt im Commonwealth Club zu San Francisco seine politischen Grundüberzeugungen vor: Jedermann hat ein Recht zu leben; und das bedeutet, dass er auch das Recht hat, einen auskömmlichen Lebensunterhalt zu verdienen. Er mag durch Trägheit oder Verbrechen der Ausübung dieses Rechts absagen; aber es darf ihm nicht verweigert werden. Wir haben keine wirkliche Hungersnot oder Teuerung; unser industrieller oder landwirtschaftlicher Apparat kann genug und übergenug produzieren. Unser formelles und formloses politisches und wirtschaftliches Regierungssystem ist jedem einen Weg schuldig, sich durch seine eigene Arbeit in den Besitz einer Portion von diesem Überfl uss zu setzen, die für seine Bedürfnisse genügt. Jedermann hat ein Recht auf sein eigenes Eigentum; was ein Recht bedeutet, so weit wie möglich der Sicherheit seiner Ersparnisse gewiss zu sein. Auf keine andere Weise können Menschen die Lasten jener Teile des Lebens tragen, die naturgemäß keine Möglichkeit zur Arbeit geben: Kindheit, Krankheit und Alter. In allem Denken über das Eigentum ist dieses Recht das höchste; alle anderen Eigentumsrechte müssen ihm nachstehen. Wenn wir im Einklang mit diesem Prinzip die Operationen des Spekulanten, des Manipulators, ja selbst des Finanziers einschränken müssen, so glaube ich, müssen wir die Restriktion als notwendig akzeptieren, nicht um den Individualismus zu beeinträchtigen, sondern um ihn zu schützen […]. [Die] Forderung ist, in kurzen Worten, dass die Häupter von Finanz und Industrie, anstatt je für sich zu handeln, zusammenarbeiten müssen, um das gemeinsame Ziel zu verwirklichen. Sie müssen, wo nötig, diesen oder jenen privaten Vorteil opfern; und müssen in wechselseitiger Selbstverleugnung nach einem gemeinsamen Vorteil suchen. Hier ist es, wo die formelle Regierung – die politische Regierung, wenn Sie wollen – hereinkommt. […] Die Regierung sollte die Funktion wirtschaftlichen Regulierens nur als ein äußerstes Mittel übernehmen, das erst dann ausprobiert werden soll, wenn die Privatinitiative, angeregt durch hohe Verantwortlichkeit, mit aller Unterstützung und allem Ausgleich, die die Regierung zu geben vermag, am Ende doch versagt. Zitiert nach: Erich Angermann, Die Vereinigten Staaten von Amerika als Weltmacht, Stuttgart 1987, S. 33 35 1. Fassen Sie die Rede Roosevelts zusammen, indem Sie sie in Thesen formulieren. 2. Analysieren Sie für die einzelnen Thesen, welche Wählergruppen angesprochen werden und auf welche Grundüberzeugungen über Privateigentum, Individuum und Staat Roosevelt sich bezieht. Weisen Sie nach, inwiefern er auf Unabhängigkeitserklärung und Verfassung anspielt. Präsentieren Sie Ihre Ergebnisse auf Folie oder auf einem Plakat. 3. Beurteilen Sie in einem kurzen Fazit die Wirkung der Rede. M2 „Unsere Nation verlangt Taten …“ In seiner Rede zum Amtsantritt als Präsident sagt Franklin D. Roosevelt am 4. März 1933: Diese großartige Nation wird durchhalten, wie sie bisher durchgehalten hat, wird wieder aufblühen und gedeihen. Lassen Sie mich also vor Ihnen als Erstes meine feste Überzeugung aussprechen, dass das Einzige, was wir zu fürchten haben, die Furcht selbst ist […]. Unsere Nation verlangt Taten, und zwar sofort. Unsere alles beherrschende Aufgabe ist es, den Menschen wieder Arbeit zu verschaffen. Dies ist keine unlösbare Aufgabe, wenn wir ihr klug und unerschrocken entgegentreten. Sie kann teilweise durch direkte Arbeitsbeschaffung1 von der Regierung selbst gelöst werden, indem wir an die Aufgabe so großzügig herantreten, wie wir es in dem Notfall eines Krieges tun würden; aber gleichzeitig müssen wir bei der Arbeitsbeschaffung so vorgehen, dass dadurch dringend benötigte Projekte realisiert werden, um die Nutzung unserer natürlichen Ressourcen zu stimulieren und neu zu organisieren. […] Die Lösung dieser Aufgabe [die Schaffung von Arbeit] kann durch entschiedene Anstrengungen zur Erhöhung des Wertes der ländlichen Erzeugnisse unterstützt werden. Dadurch steigt die Kaufkraft, die Produkte aus unseren Städten zu erwerben. Sie kann unterstützt werden, indem die Tragödie der wachsenden Verluste durch Zwangsversteigerung unserer kleinen Wohnhäuser und Farmen mit wirksamen Mitteln verhindert wird. 1 Der im englischen Originaltext verwendete Begriff „recruiting“ kann zivile Einstellung oder militärische Rekrutierung bedeuten. 5 10 15 20 25 30 35 5 10 15 20 112 Ursachen und Folgen der Weltwirtschaftskrise 1929 4677_1_1_2015_090-127_Kap3.indd 112 17.07.15 11:42 Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um d s C .C .B uc hn er V er la g | |
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