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Relative Stabilität Mit der Novemberrevolution von 1918 wurden alte Forderungen der Arbeiterbewegung wie die Anerkennung der Gewerkschaften als Tarifpartner durchgesetzt. Die Weimarer Verfassung von 1919 führte eine parlamentarische Demokratie ein. Nach dem Krisenjahr 1923 hatten sich die politischen Unruhen gelegt und die Wirtschaft etwas erholt. Die 1924 eingeführte Rentenmark zeigte sich relativ stabil. Der Sozialstaat wurde ausgebaut, die Krankenkassenleistungen wurden ausgedehnt und die Invalidenund Altersversicherung erweitert. Große US-Firmen wie Ford investierten in Deutschland. Zahlreiche Unternehmen rationalisierten nach amerikanischem Vorbild ihre Betriebe und steigerten so die Produktivität. Allerdings lag die Zahl der Arbeitslosen auch 1927, als die Arbeitslosenversicherung eingeführt wurde, bei über 1,3 Millionen. Die Wirtschaftskrise beginnt Der wirtschaftliche Aufschwung Deutschlands basierte auf Krediten, die vor allem aus den USA stammten. Schon vor dem New Yorker Börsencrash im Oktober 1929 fi elen an den deutschen Börsen die Aktienkurse, stiegen die Arbeitslosenzahlen und die Ausgaben für die Arbeitslosenversicherung, was zu Auseinandersetzungen zwischen Regierung und Unternehmerverbänden führte. Die 1929 einsetzende Weltwirtschaftskrise verschärfte die Probleme: Die Kapitalimporte und Exporte gingen zurück, die Industrieproduktion sank, und der Konsum ließ nach. Immer mehr Firmen machten Konkurs und die Zahl der Arbeitslosen stieg von 1,8 Millionen im Januar 1929 auf 2,8 Millionen im Januar 1930 an. Wegen des Rückgangs der Steuereinnahmen und der steigenden sozialen Ausgaben nahm die öffentliche Verschuldung des Staates und der Gemeinden stark zu. Die Reparationsverpfl ichtungen gegenüber den Siegermächten des Ersten Weltkrieges engten den fi nanziellen Handlungsspielraum der Regierenden ein. Das Parlament verliert Die politischen Folgen der Krise zeigten sich bald: Am 27. März 1930 zerbrach die im Juni 1928 gebildete Große Koalition von SPD, Zentrum, Bayerischer Volkspartei (BVP), Deutscher Demokratischer Partei (DDP) und Deutscher Volkspartei (DVP) unter dem sozialdemokratischen Reichskanzler Hermann Müller. Als Vorwand für den Bruch diente die von der Regierung geforderte Erhöhung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge von 3,5 auf vier Prozent, die auf den Widerstand der nationalliberalen DVP und der Unternehmerund Arbeitgeberverbände gestoßen war. Dahinter stand aber der Wunsch dieses Lagers sowie des Reichspräsidenten, die Sozialdemokraten aus der Regierung zu drängen. In den folgenden Jahren nutzte Reichspräsident Paul von Hindenburg* seine weitreichenden verfassungsrechtlichen Vollmachten, um eine bereits geplante außerparlamentarische Lösung durchzusetzen. Von der Wirtschaftskrise zur Staatskrise im Deutschen Reich 200 1927 100 1929 1931 1933 New York Berlin i Aktienkurse an den Börsen von New York und Berlin 1927 bis 1933. Nach: Friedrich-Wilhelm Henning, Deutsche Wirtschaftsund Sozialgeschichte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, Teil 1, Paderborn 2003, S. 454 p p Beschreiben und vergleichen Sie die beiden Kurven. Benutzen Sie passende Begriffe: Wendepunkt, Trend, Verschärfung, Abschwächung, Höheund Tiefpunkt, Stagnation, Parallelität, Gegenläufi gkeit. H * Siehe S. 77. Hermann Müller (1876 1931): 1919/20 Reichsaußenminister; 1920 1928 Vorsitzender der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion; 1920 (März bis Juni) sowie 1928 1930 Reichskanzler Vollmachten des Reichspräsidenten: Die Weimarer Verfassung von 1919 gab dem direkt gewählten Reichspräsidenten weitreichende Rechte. Er durfte den Reichskanzler ernennen und entlassen und den Reichstag aufl ösen. Nach Art. 48 hatte er ein „Notverordnungsrecht“, mit dem er bei „erheblicher“ Gefahr für die öffentliche Sicherheit viele Grundrechte außer Kraft setzen und bewaffnete Kräfte einsetzen konnte, solange der Reichstag keine Rücknahme seiner Maßnahmen verlangte. 114 Ursachen und Folgen der Weltwirtschaftskrise 1929 4677_1_1_2015_090-127_Kap3.indd 114 17.07.15 11:42 Nu r z u Pr üf zw ck en Ei ge nt um d es C. C. Bu ch ne r V er la gs | |
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