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Bankenkrise und Schuldenerlass Der deutsche Staat und die deutsche Wirtschaft hatten in den 1920er-Jahren in großem Stil Kredite aufgenommen und damit sowohl die Reparationen als auch die Modernisierung und Rationalisierung der Industrie und Landwirtschaft sowie den Ausbau der öffentlichen Infrastruktur wie zum Beispiel den Straßenund Wohnungsbau fi nanziert. Solange die Konjunktur anhielt und die Kredite stets durch neues Geld abgelöst werden konnten, war die Finanzierung langfristiger Investitionen mit kurzfristigen Krediten unproblematisch. In der Krise aber forderten die US-Banken nun mit Nachdruck ihre kurzfristigen Kredite zurück. Auch der Ausgang der „Septemberwahlen“ von 1930 führte dazu, dass Kapital aus Deutschland abgezogen wurde. Zahlreiche innere Unruhen und Streiks trübten das Investitionsklima. Weiteres Vertrauen in die deutsche Währung wurde verspielt, als Brüning am 5. Juni 1931 öffentlich erklärte, das deutsche Volk sei „an der Grenze seiner Belastbarkeit angelangt“, und allein die Reparationsverpfl ichtungen für die Probleme verantwortlich machte. Das wurde im Ausland als ein Hinweis auf den bevorstehenden Staatsbankrott verstanden und trug zu einem weiteren Abzug ausländischer Gelder bei. Der rückläufi ge internationale Handel verschärfte die Lage noch. Das Hoover-Moratorium vom Juni 1931 eröffnete der Reichsregierung zwar einen einjährigen Aufschub der Reparationsleistungen. Aber nun belastete die europäische Bankenkrise die deutsche Wirtschaft. Im Juli musste die zweitgrößte deutsche Bank, die Darmstädter und Nationalbank (Danat-Bank) ihre Zahlungsunfähigkeit erklären (u M1 bis M3). Die Reichsregierung versuchte die Lage zu beruhigen, sicherte der Wirtschaft Hilfe zu und schloss ab dem 13. Juli die Börse, um weitere Kurseinbrüche aufzuhalten. Sie verhinderte aber nicht, dass an diesem Tag alle Sparer die noch geöffneten Geldinstitute stürmten, um ihre Einlagen abzuheben. Die Regierung ordnete daraufhin für den 14. und 15. Juli zwei „Bankfeiertage“ an und gab auch danach den Zahlungsverkehr nur schrittweise frei, um weitere Bankenzusammenbrüche zu verhindern. Darüber hinaus führte sie eine Bankenaufsicht ein und beschloss, aus den knappen Steuermitteln den Banken hohe Beträge als Garantien zur Verfügung zu stellen. Letzteres rief den Protest der SPD hervor. Gleichzeitig wuchs die Angst der Bürger vor dem Staatsbankrott und einer weiteren politischen Radikalisierung. Erst allmählich begriffen die führenden Politiker und Wirtschaftsfachleute die Zusammenhänge der Wirtschaftskrise und erkannten, dass man es mit der bisher schwersten Krise der kapitalistischen Weltwirtschaft zu tun hatte. Kein Einlenken Die Stützung und Sanierung der Banken kostete die Reichsregierung fast eine Milliarde Reichsmark. Mit weiteren Maßnahmen versuchte sie, neue Kreditaufnahmen unattraktiv zu machen und eine weitere Kapitalfl ucht zu verhindern. Brüning hielt an seiner einschränkenden, defl ationistischen Wirtschaftspolitik fest (u M4) und änderte seine Haltung auch nicht, als Großbritannien und etwa 30 weitere Staaten sich im September 1931 vom Goldstandard lösten, ihre Währungen damit abwerteten und somit die deutschen Waren auf dem internationalen Markt noch teurer wurden. Da es der Reichsregierung aufgrund der Reparationsbedingungen nicht ohne Verhandlungen möglich war, die Reichsmark abzuwerten, schrieb Brüning der Wirtschaft eine zwanzigprozentige Preissenkung vor. Damit sollten die deutschen Produkte international konkurrenzfähig bleiben. Außerdem kürzte er Sozialausgaben, Löhne und Gehälter und verschärfte die soziale Krise noch mehr. Brüning erreichte zwar damit im Januar 1932 eine annähernd ausgeglichene Haushaltsbilanz, doch die staatlich gedrückten Preise trugen zu einem weiteren Investii Werbung für Sparbücher von 1929. Hoover-Moratorium: Das nach dem amerikanischen Präsidenten benannte Moratorium stundete alle Kriegsschulden der europäischen Länder sowie die deutschen Reparationsleistungen für ein Jahr. 116 Ursachen und Folgen der Weltwirtschaftskrise 1929 4677_1_1_2015_090-127_Kap3.indd 116 17.07.15 11:42 Nu zu Pr üf zw ec ke Ei ge nt um d es C .C .B uc hn er V er la gs | |
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