Journalisten werden gemeinhin nicht gewählt, und die Zeitungen, Magazine und Sender, für die sie arbeiten, haben nicht den Status von Verfassungsorganen. Wer sich also die gängige These zu eigen macht, bei den politisch relevanten Medien - und das sind im Grunde genommen fast alle - handle es sich um eine "vierte Gewalt", impliziert, dass sie einerseits eine den Verfassungsorganen vergleichbar starke Stellung besitzen, im Unterschied zu jenen aber nicht in gleicher Weise demokratisch legitimiert bzw. dem System der demokratischen Gewaltenkontrolle unterworfen sind. 
Es wäre sicher verfrüht, Schülern auf der 9. Jahrgangsstufe diese komplexen Implikationen in allen Einzelheiten vermitteln zu wollen; und auch die Diskussion alternativer bzw. konträrer Beschreibungsansätze zur Rolle der Medien in modernen Massendemokratien (z. B. Instrumentalisierungs-, Dependenz- und Interdependenzansatz) darf dem Oberstufenunterricht vorbehalten bleiben. Die Schüler der Mittelstufe sollten jedoch Einsichten gewinnen, welche Rolle die Massenmedien als Akteure im politischen Prozess darstellen und wie groß ihr Einfluss auf das politische Leben ist. Die Medien:

  • stärken die Kompetenzen partizipationsbereiter und -fähiger Bürger,
  • entscheiden als "Gatekeeper", worüber die Bürger informiert werden,
  • bestimmen die politische Tagesordnung mit (Agenda-Setting),
  • liefern Bewertungen für die wichtigen Themen der öffentlichen Diskussion,
  • bieten eine Plattform für den notwendigen Austausch von Ideen und Meinungen,
  • sind Indikatoren (und Katalysatoren) für gesellschaftlich virulente Problemlagen und Forderungen,
  • wirken stabilisierend auf das politische System einer Demokratie,
  • beobachten und kommentieren Politiker und deren Entscheidungen und
  • beeinflussen umgekehrt die Art und Weise, wie Politiker sich selbst und ihr Handeln in der Öffentlichkeit darstellen.

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In Unterkapitel 3.1 erhalten die Schüler zuerst einen Überblick über die rechtlichen Grundlagen der Medien in unserer Demokratie. Der schockierende, gewiss aber auch faszinierende Einstieg über ein menschliches Einzelschicksal (M 1) und das, was Medienorgane daraus machten (M 2 und M 3), schließt die Schüler für die grundsätzlichen Möglichkeiten, aber auch die Grenzen der Medienberichterstattung auf, indem er auf die suggestive Wirkung von Bildern, das komplexe Wechselgefüge von Bild- und Textaussage und damit auf  das problematische Wechselverhältnis von Wirklichkeit und medialer Vermittlung aufmerksam macht. Das Unterkapitel dient somit als eine Art Problemaufriss für die im Anschluss behandelten rechtlichen Grundlagen der Medien.
Dass Medien, wenn sie ihren investigativen Auftrag ("Watch-Dog-Funktion") ernst nehmen, einen aktiven Beitrag zur Funktionsfähigkeit einer demokratischen Gesellschaft leisten können, zeigt ein Fallbeispiel in dem sich anschließenden Exkurs.
Der letzte Teil, der sich sachlogisch an diesen Exkurs anknüpfen lässt, verdeutlicht den Schülern die Notwendigkeit der Pressefreiheit als Grund- bzw. Menschenrecht sowie deren vielfältige Gefährdungen, zeigt aber auch - wiederum im Rückgriff auf den Kapiteleinstieg - am Beispiel des Deutschen Presserats, wo die Grenzen der freien Berichterstattung beginnen.

Material
Inhalt/Bedeutung
Unterrichtsmethode/Schüleraktivität
 M 1
Einstieg: Die Schüler erhalten anhand eines Aufsehen erregenden und kontrovers diskutierten Zeitschriften-Covers und dem Hintergrund seiner Entstehung einen Eindruck davon, was Medien bewirken können.
S. 65: Aufgabe 1, Bildbetrachtung, Äußerung spontaner Eindrücke
Aufgabe 2, Texterschließung, Einzelarbeit
Aufgabe 3, Text-Bild-Vergleich, Unterrichtsgespräch/Diskussion

 M 2
Erarbeitung: Anhand des Textes bilden sich die Schüler eine begründete Meinung zu der Frage: Handelt es sich bei dem Cover um einen Appell gegen die Verletzung der Frauenrechte oder aber den manipulativen Versuch, die Öffentlichkeit für eine Fortsetzung des Afghanistan-Einsatzes zu gewinnen? Aufgabe 4, Unterrichtsgespräch/Diskussion
 M 3
Vertiefung: Ein themenverwandtes Cover des "National Geographic" lädt zur vergleichenden Analyse ein und vertieft die Einsicht, dass die Aussage eines Bildes vom jeweiligen Kontext abhängt. Aufgabe 5, vergleichende Bild- bzw. Textanalyse, Unterrichtsgespräch
 M 4
Einstieg: Am Beispiel der Ausrisse von Presseschlagzeilen erschließen die Schüler induktiv wichtige Aufgaben der informierenden Massenmedien. S. 67: Aufgabe 1, Einzel- oder Partnerarbeit, Unterrichtsgespräch
 M 5
Erarbeitung 1: Ein Lexikonbeitrag informiert über die Kennzeichen der Mediendemokratie. Aufgabe 2, Texterschließung, Einzelarbeit, Unterrichtsgespräch
 M 6
Erarbeitung 2: In Anknüpfung an M 4 lernen die Schüler die Schlüsselaufgaben der politisch relevanten Massenmedien in einer Demokratie kennen. Aufgabe 3, an Beispielen fundierte Texterschließung, Partnerarbeit; evtl. produktionsorientierte Formen (Info-Plakat, Wandzeitung), auch in arbeitsteiliger Gruppenarbeit
 Exkurs Die Beschäftigung mit dem Spendenskandal bei "UNICEF Deutschland" und seiner Aufdeckung durch zwei Presseredakteure verdeutlicht den Schülern exemplarisch die Funktionsweise und Bedeutung investigativer Medienarbeit. S. 68/69: Aufgaben 1 bis 8, Hintergrundrecherche, Materialauswertung und -erschließung sowie Präsentation, evtl. auch im Rahmen eines Mini-Projekts
 M 7
Einstieg: Rangliste der Pressefreiheit 2010 (statistisches Schaubild) S. 73: Aufgaben 1 und 2, Unterrichtsgespräch; Rechercheauftrag, Kurzreferat
 M 8
Erarbeitung 1: Text zur Situation der Pressefreiheit in Deutschland S. 73: Aufgaben 1 und 2, Unterrichtsgespräch; Rechercheauftrag, Kurzreferat
 INFO
Information: Artikel 5 des Grundgesetzes Aufgabe 3, Unterrichtsgespräch
 M 9
Erarbeitung 2: Der Text verdeutlicht am Beispiel von Methoden und Motiven der Internetzensur, dass die Pressefreiheit in vielen Teilen der Welt keine Selbstverständlichkeit ist. Aufgabe 4, Einzel- oder Partnerarbeit
 M 10
Vertiefung: Ein Auszug aus den Richtlinien des Deutschen Presserats zeigt, dass auch die Pressefreiheit an ihre Grenzen stößt, wenn andere Grundrechte verletzt werden. Aufgabe 7, Unterrichtsgespräch
 M 11
Anwendung: Die Schüler entscheiden über Beschwerdefälle des Deutschen Presserats und erfahren, dass in die Urteilsbildung sehr viele Faktoren einbezogen werden müssen. Aufgabe 8, arbeitsteilige Kleingruppenarbeit, Kurzplädoyers, Diskussion

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