5.2 Wie entsteht ein Gesetz?
Kapitel 5.2
Revised: Tuesday December 10th 2013
Lösungen zu den Aufgaben S. 141
- 2002Rot-grüne Bundesregierung beschließt den geordneten Ausstieg aus der Atomenergie, da die Risiken der kommerziellen Nutzung zu hoch seien.2010Schwarz-gelbe Bundesregierung (seit 2009) beschließt in einem Energiekonzept, die Laufzeiten der Atomkraftwerke wieder zu verlängern, da Kernkraft als Brückentechnologie unverzichtbar sei.2011Dieselbe schwarz-gelbe Bundesregierung beschließt im Angesicht der Reaktorkatastrophe von Fukushima den beschleunigten Ausstieg aus der Atomenergie, da die Risiken der Nutzung nun als zu hoch angesehen werden.
- Entgegen der zuvor geführten heftigen Debatten waren sich beim Beschluss des Atomausstiegs die Fraktionen inhaltlich weitgehend einig. Lediglich die mangelnde Aufrichtigkeit der Bundesregierung (Kehrtwende) wurde von der SPD kritisiert, während die Fraktionen der Grünen und der Linken einen noch schnelleren Ausstieg befürworteten.
Es bietet sich an, die Aufgabe zur Geschichte der Kernenergie in Deutschland in einem fächerübergreifenden Projekt zu bearbeiten. Einen ersten Zugang bietet die Seite des Informationskreises Kernenergie.
Fakten zur Atomkatastrophe von Fukushima können den Internetauftritten der einschlägigen Tageszeitungen und Nachrichtenportale entnommen werden.
Lösungen zu den Aufgaben S. 143
- M 3 enthält einige der wesentlichen Argumente, die bei der Bewertung der kommerziellen Nutzung der Atomkraft immer wieder auftauchen. Die Schülerinnen und Schüler sollen zunächst spontan die Stichhaltigkeit der Argumente beurteilen. Im Sinne einer vertieften Urteilsbildung können die einzelnen Argumente durch weitere Recherchen neu bewertet, bestätigt oder verworfen werden.
- Für AusstiegGegen AusstiegAtommüll- und Endlagerproblematik ungeklärt (M3)Atomkraft als saubere, sichere und billige Technologie (M3, M4)Atomkraft ist angesichts der Risiken und der zu erwartenden Umweltschädigungen nicht zu verantworten (M3)Klimaschutzziele sind ohne Atomkraft nur schwer zu verwirklichen (M3, M4)Kalkulationssicherheit für alle Beteiligten nach dem Ausstieg (M4)Versorgungssicherheit ist nur mit Atomkraft zu gewährleisten (M3)Verbesserte Sicherheit durch Abschaltung alter Reaktoren (M4)Energiewende nur aus populistischen Gründen (M4)Beschluss setzt Kräfte frei für Energieversorgung ohne Risiken und Müll (M4)Reaktoren in Deutschland sicher, da keine Naturkatastrophen drohenUnklare Rechtsverhältnisse nach Ausstieg auf Kosten der Steuerzahler (M4)(Atom-)Stromimporte notwendig (M4)
- Lösung durch die Schülerinnen und Schüler. Die formalen Vorgaben der Textsorte Leserbrief sollten beachtet werden.
- Polity-Dimension (institutioneller Rahmen): Gesetzesvorschlag der Bundesregierung, Diskussion und Abstimmung in Bundestag und Bundesrat
- Politics-Dimension (aktiver Prozess durch Konflikt und Konsens): emotional geführte Debatte in Bundestag und Öffentlichkeit
- Policy-Dimension (Inhalt, Sachfragen): Ausstieg aus der Kernenergie
Lösungen zu den Aufgaben S. 145
- Stationen des Gesetzgebungsverfahrens1Konzept zum Atomausstieg der schwarz-gelben KoalitionBeschluss der Regierung, ein Gesetz zu erarbeiten2KabinettsbeschlussVorlage der Regierung, formale Gesetzesinitiative3Regierungserklärung und erste LesungEinbringen des Gesetzentwurfs im Parlament, erste Erörterung im Plenum4Überweisung an die AusschüsseAusschussarbeit: Arbeiten am Entwurf, Hearings von Experten5Zweite und dritte Lesung, AbstimmungBeschluss des Bundestags über das Gesetz6Zustimmung des BundesratsBundesrat muss zustimmen7Unterzeichnung durch den Bundespräsidenten WulffGesetz muss vom Bundespräsidenten unterzeichnet werden, anschließend wird es im Bundesgesetzblatt verkündetAnmerkung: Beim elften und zwölften Gesetz zur Änderung des Atomgesetzes war die Zustimmung des Bundesrates nach Auffassung der Regierung nicht notwendig. Diese Position wurde sehr kritisch gesehen und die Frage hätte vom Bundesverfassungsgericht geklärt werden müssen, wenn es nicht zum dreizehnten Gesetz zur Änderung des Atomgesetzes gekommen wäre.
- Aus Sicht der Interessenverbände kann insbesondere über die öffentliche Meinung und die Ministerialbürokratie im Vorfeld der Entstehung eines Gesetzes Einfluss genommen werden. Hier versuchen die Interessenverbände häufig, ein Gesetz ganz zu verhindern. Gibt es einen Kabinettsbeschluss über die Ausarbeitung eines neuen Gesetzes, so können die Interessenverbände über die Anhörungen in den Ausschüssen auf die Ausgestaltung des Gesetzes Einfluss nehmen.
Lösungen zu den Aufgaben S. 147
- Am Beispiel der kommerziellen Nutzung der Kernenergie zur Stromerzeugung lässt sich der Politikzyklus, verstanden als prinzipiell "endlose Kette von Versuchen, gesellschaftliche Probleme zu lösen", sehr gut nachvollziehen.ProblemDas Problem besteht in der Frage, wie das Industrieland Deutschland sicher, sauber und kostengünstig mit Energie versorgt werden kann. Die Politik muss also ein Energiekonzept vorlegen, um die Energieversorgung für die Zukunft zu gewährleisten.AuseinandersetzungLange haben die Parteien über den Stellenwert der Kernenergie im Energiemix für Deutschland gestritten. Während CDU/CSU und FDP generell eine Nutzung der Kernenergie befürworteten, haben SPD und Grüne schon 2002 den Ausstieg aus der Kernenergie beschlossen. Strittig ist vor allem die Bewertung der Risiken der Nutzung (Unfallrisiko, Endlagerung) und die Bewertung der Möglichkeiten, mittelfristig Atomenergie durch andere Energieträger zu ersetzen.GesetzgebungsprozessIm Herbst 2010 verabschiedete die schwarz-gelbe Koalition ein Gesetz (12. Gesetz zur Änderung des Atomgesetzes), das die Laufzeiten für Atomkraftwerke verlängerte. Kritiker behaupteten, dass dieses Gesetz im Wesentlichen auf eine erfolgreiche Lobbyarbeit der Vertreter der Atomwirtschaft zurückzuführen war.BeschlussfassungDas Gesetz stieß auf massive Kritik der Oppositionsparteien, konnte aber aufgrund der bestehenden Mehrheitsverhältnisse von der regierenden schwarz-gelben Koalition verabschiedet werden. Doch war die eigentlich schon befriedete Debatte mit diesem Gesetz neu entflammt.Bewertung der EntscheidungVertreter der Energiekonzerne bewerteten die Entscheidung positiv, da sie so die Energiesicherheit für Deutschland gewährleistet sahen und für den Betrieb der bestehenden Atomkraftwerke höhere Einnahmen zu erwarten hatten. Umweltverbände und große Teile der Bevölkerung bewerteten das Gesetz negativ, da sich an den Risiken der Nutzung grundsätzlich nichts geändert hatte und der schon beschlossene Ausstieg aus der Atomenergie wieder zurückgenommen wurde.Problem gelöst?Das Problem schien zunächst gelöst, da durch den Beschluss des Energiekonzeptes der CDU/CSU/FDP-Regierung die Energieversorgung in Deutschland für die Zukunft gesichert war.ProblemIm März 2011 ereignete sich die Reaktorkatastrophe von Fukushima, die zu einer Neubewertung der Kernenergie durch die Bundesregierung führte, die nur ein halbes Jahr zuvor eine Verlängerung der Laufzeiten beschlossen hatte.AuseinandersetzungUnter dem Eindruck der Reaktorkatastrophe bestand ein weitreichender gesellschaftlicher Konsens, dass die Risiken der Nutzung der Kernenergie zu hoch seien und daher der Ausstieg aus der Atomenergie beschlossen werden müsse.GesetzgebungsprozessDas 13. Gesetz zur Änderung des Atomgesetzes sah nun die sofortige Stilllegung älterer Atommeiler und die schrittweise Stilllegung aller Atommeiler in Deutschland vor. Es wurde am 30.6.2011 mit großer Mehrheit im Bundestag angenommen (513 Stimmen) und trat am 6.8.2011 in Kraft.......
- Komplexität des GesetzgebungsprozessesArgumente für das VerfahrenArgumente gegen das VerfahrenDie drei Beratungen ermöglichen eine gründliche Behandlung der Gesetzesvorlagen.Durch die vielen Beratungen und die Miteinbeziehung von Sachverständigen zieht sich der Gesetzgebungsprozess in die Länge.Die Bearbeitung in Ausschüssen und die Miteinbeziehung von externen Experten garantieren eine sachliche und nicht parteipolitische Argumentation.Bei zustimmungspflichtigen Gesetzen besteht die Gefahr, dass Bundestag und Bundesrat sich nicht einigen können, v.a. bei unterschiedlichen Mehrheitsverhältnissen in den Kammern. Im Vermittlungsausschuss muss dann ein Kompromiss erzielt werden, was sehr zeitaufwändig ist.Die Miteinbeziehung des Bundesrates hilft den Bundesländern, ihre Interessen durchzusetzen (bei zustimmungspflichtigen Gesetzen) und ermöglichen einen gesamtgesellschaftlichen Konsens.Insgesamt ist der Gesetzgebungsprozess zu intransparent, dadurch werden Verantwortlichkeiten verwischt und es besteht die Gefahr einer Politik des "kleinsten gemeinsamen Nenners".→ größere Legitimität→ mangelnde EffizienzDas Kriterium der Legitimität fragt danach, ob ein Verfahren gerecht für alle Betroffenen ist und ob die Interessen aller Beteiligten gewürdigt werden. Das Kriterium der Effizienz dagegen beschreibt, ob eine Entscheidung schnell zustande kommt und ob sie wirkungsvoll ist. Das Gesetzgebungsverfahren in Deutschland ist so ausgelegt, dass möglichst viele Interessen in der Entscheidung widergespiegelt werden sollen. Die Gesetze sollen sachlich sinnvoll sein, deswegen werden viele Meinungen vor der endgültigen Abstimmung gehört. Dies geht jedoch auf Kosten der Effizienz, da das Verfahren zeitaufwändig ist und auch ins Stocken geraten kann. Das System kann meistens nur langsam auf Veränderungen reagieren. Bei der Konstruktion des Gesetzgebungsverfahrens wurde dies jedoch zugunsten einer höheren Legitimität in Kauf genommen.
- Die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat lassen sich leicht auf den Seiten der Länderkammer ermitteln: www.bundesrat.de (→ Struktur und Aufgaben → Stimmenverteilung).
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- Der Bundespräsident kann wie folgt politischen Einfluss nehmen:
- Er ist der offizielle völkerrechtliche Vertreter der Bundesrepublik und schließt internationale Verträge.
- Er ruft den Verteidigungsfall aus.
- Er kann Bundesgesetze auf ihre Übereinstimmung mit dem Grundgesetz prüfen.
- Er ist oberster Repräsentant der Bundesrepublik und kann durch seine Persönlichkeit maßgeblich zur politischen Diskussion beitragen.
Auch wenn das Amt des Bundespräsidenten zunächst unpolitisch erscheint, hat er doch eine Reihe von Möglichkeiten, politisch einzugreifen. Besonders deutlich wurde dies in der Amtszeit Horst Köhlers, als er 2006 zwei Gesetze nicht ausfertigte, da sie seiner Meinung nach nicht mit dem Grundgesetz vereinbar waren. - Sollte der Bundespräsident direkt gewählt werden?
Pro Kontra - Eine Direktwahl würde die Menschen stärker in die politischen Entscheidungen miteinbeziehen.
- ...
- Eine Direktwahl würde ein Legitimationsproblem schaffen: der Bundeskanzler und der Bundespräsident könnten sich beide als vom Volk legitimiert betrachten.
- Das Amt des Bundespräsidenten soll parteipolitisch unabhängig sein. Wenn ein Bundespräsident Wahlkampf machen muss, um gewählt zu werden, kann er nicht mehr glaubhaft das ganze Volk repräsentieren.
- ...
Lösung zur Aufgabe S. 151
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