1. Europäische Union - Werte, Märkte, Zukunftspläne

Revised: Wednesday November 28th 2012
Die Europäische Union (EU) war ursprüngliche eine Gemeinschaft von sechs europäischen Staaten, die vor allem auf wirtschaftlichem Gebiet enger zusammenarbeiten wollten, auch wenn der Entstehungshintergrund gleichwohl politisch motiviert war: Frieden in Europa nach den Erfahrungen zweier Weltkriege. Heute gehören der EU 27 Staaten an, man spricht von "europäischer Politik" und "europäischer Identität", man zahlt in einer gemeinsamen europäischen Währung (Euro). Das Ziel einer europäischen Integration scheint erreicht worden zu sein. Doch gerade in jüngster Zeit, insbesondere seit der so genannten "Euro-Krise" wird diese europäische Integrationsleistung nicht mehr nur positiv gewertet, sie wird sogar von Europa- bzw.- Euro-Kritikern in Frage gestellt. Die Konzeption dieses Kapitels ist so angelegt, dass sowohl die Erfolgsgeschichte der europäischen Einigung dargelegt und untersucht als auch ihre Defizite aufgedeckt und mögliche Lösungsansätze vorgestellt und diskutiert werden.
Angesichts knapper Unterrichtszeit im nur einstündigen Unterrichtsfach ist es erforderlich, die vom Kerncurriculum vorgegebenen Inhalte exemplarisch zu bearbeiten und die vorgegebenen Kompetenzen zu fördern. Für das Thema ‚Europäische Union - Werte, Märkte, Zukunftspläne', bieten sich folgende Lernwege durch das Kapitel an:
In Kap. 1.1 werden die Motive der europäischen Integration (Friedenssicherung, Wohlstand) benannt und die Aspekte einer europäischen Identität (Werte, Symbole, Sprache) in ihren unterschiedlichen Ausprägungen erläutert. Kap. 1.2 legt den Fokus auf die Funktionsweise der Europäischen Wirtschafts‐ (Vier Freiheiten des Binnenmarktes) und Währungsunion (Euro). Das Kap. 1.3 widmet sich der Benennung und Erläuterung der Organe der EU, deren genauen Zusammensetzung, Aufgaben, Befugnisse und Machtbeschränkungen im politischen Entscheidungsprozess. Die Unterkapitel 1.4.1 und 1.4.2 beschreiben das Ausmaß und die Gründe irregulärer Migration nach Europa sowie die politisch-polizeichlichen Reaktionen der EU und erläutern die Lebensbedingungen von Migranten (unterschiedlicher Generationen) in Deutschland. Die Debatte um die Erweiterung der EU wird durch nennen der Motive einer Erweiterung der EU, der "Kopenhagener Kriterien" zur Aufnahme beitrittswilliger Staaten sowie der grundsätzlichen Entwicklungsperspektiven (Bundesstaat, Staatenbund, Europa unterschiedlicher Geschwindigkeiten) für die politische Ordnung der EU innerhalb der Unterkapitel 1.5.1 und 1.5.2 kontrovers diskutiert.
Kapitelstruktur:
1.1 „In Vielfalt geeint“: die Idee vom vereinten Europa
1.2 Vom Binnenmarkt zum Euro – die wirtschaftliche Integration Europas
1.3 „Raumschiff Brüssel“ – Wer entscheidet in der EU?
1.4 Fluchtpunkt und/oder Festung? Migration nach Europa
1.4.1 Irreguläre Einwanderung nach Europa
1.4.2 Migration und Integration in Deutschland heute
1.5 Fit für die Zukunft? Die EU zwischen Erweiterung und Vertiefung
1.5.2 Darf's noch etwas mehr „Europa“ sein? Die Debatte um die politische Ordnung der EU

1.1 "In Vielfalt geeint": die Idee vom vereinten Europa

Revised: Monday December 3rd 2012

Didaktischer Pfad

Das Einstiegskapitel muss einen offenen Zugang gewähren, denn es kann nicht auf grundlegendes Wissen zum dem komplexen Thema "EU" zurückgreifen. Es empfiehlt sich deshalb, die "Praxisrelevanz" bzw. "Alltagstauglichkeit" der EU - insbesondere für Jugendliche - näher zu beleuchten und evtl. auch zu hinterfragen - und so Interesse für diese europäische Einigung zu wecken, die jedoch seit einiger Zeit infolge der Schuldenkrise und den milliardenschweren Rettungsschirmen für viele ein "undurchschaubares Gebilde" darstellt.
Eröffnet wird Kapitel 1.1 bzw. das Thema "EU" mit einem subjektiven Einstieg, indem spontan Motive zur EU aus dem Alltag beschrieben werden sollen. Eine möglicherweise kritische Haltung, auch in Folge der "Euro-Krise", kann im weiteren Verlauf des Kapitels abgefangen bzw. auf Kapitel 1.2 "verschoben" werden, indem zunächst einmal der Blick auf die "Erfolgsgeschichte" der EU, deren Symbole, Identität und Werte gelenkt wird.

Tipps & Links

Literatur
  • Dietmar Herz, Christian Jetzlsperger, Die Europäische Union, Beck Verlag, 2008
  • Werner Weidenfeld, Die Europäische Union, 3. A. von, UTB, 2010
  • Europa für Einsteiger, Arbeitmappe, hrsg. von bpb, Autor: Bruno Zandonella, 2. A. Okt. 2009
  • Informationen zur politischen Bildung. Die Europäische Union, Heft 279 (Überarbeitung vom 1.3.2012)
Links
Mögliche Referatthemen/Projekte
  • Kurzer Vortrag zur Sage über die Entführung Europas durch Zeus; der Vortrag kann dann zu einer gemeinsame Interpretation der Auftaktseite "Europa und der Stier" (S. 9) überleiten.
  • Befragung im Verwandten- und Freundeskreis: "Eurobarometer" bzw. Meinungsbild zur und über die EU im Bekannten und Familienkreis und/oder an der Schule (Mitschüler/Lehrer) stellen
  • Ländersteckbriefe der EU-Mitgliedsstaaten erstellen; es gibt die Möglichkeit, von allen Staaten, nur den jüngsten Mitgliedsländern, möglichen EU-Kandidaten oder "interessanten Ländern" (vgl. S. 14, Aufgabe 2) ein Länderplakat anzufertigen. Möglich wäre auch, eine Homepage des Landes bzw. der Länder zu entwerfen. Tipp - Steckbriefe
Koperivorlagen und Folien
Durch anklicken des folgenden Punktes, gelangen Sie zur Kopiervorlage:

Lösungen zu den Aufgaben S. 10

1. Hier werden individuelle Schülerantworten erfragt.
2. a) und b) Hier können sich die Schülerinnen und Schüler ihre individuellen Antworte bzw. Symbole gegenseitig vorstellen. Prinzipiell können alle Lebensbereiche betroffen sein:
"Die EU ist für mich (zu) weit weg und hat mit meinem Alltag nichts zu tun." Diesen Satz kann man täglich hören. Die Folie "Ich und die EU" sagt nichts darüber aus, ob die EU eine gute oder schlechte Sache ist, sondern zeigt lediglich an einigen Beispielen, dass die Europäische Union in unser tägliches Leben eingreift und von daher auch für uns von unmittelbarer Bedeutung ist. Diese Erkenntnis ist die Voraussetzung für die Bereitschaft, sich überhaupt mit der Europäischen Union zu befassen.
Viele der angesprochenen Punkte haben ihre Ursache im gemeinsamen Binnenmarkt, der die 27 EU-Mitgliedstaaten miteinander verbindet. Er macht den freien Handel von jedem in jedes Land möglich. Die Voraussetzung, dass so etwas zur Zufriedenheit der Menschen funktionieren kann, ist natürlich, dass man sich auf gemeinsame Standards einigt. Niemand kauft ein ausländisches Produkt, wenn er nicht sicher sein kann, dass es dieselben Sicherheitsanforderungen erfüllt wie die einheimischen. Deshalb gibt es im Europäischen Binnenmarkt europaweite Anforderungen an die Lebensmittelhygiene, die Kennzeichnungsvorschriften und ebenso für die Gewährleistungsfrist. Aber auch für den Umweltschutz gibt es gemeinsame Standards, von der Feinstaubrichtlinie bis zur Trinkwasserrichtlinie. Diese sichern nicht nur die Gesundheit der EU-Bürgerinnen und –Bürger, sondern auch gleiche und damit faire Ausgangsbedingungen für die Industrie. So kann nicht die Firma eines Landes einen Vorteil daraus ziehen, dass die Umweltstandards und damit auch die Produktionskosten niedriger sind als jenseits der Grenze.
Der Binnenmarkt ist zudem ein gemeinsamer Arbeitsraum, in dem jede(r) dort tätig sein kann, wo sie oder er möchte und einen Job findet. 16 Staaten der EU haben eine gemeinsame Währung, den Euro. Weitere Länder werden ihn in den nächsten Jahren übernehmen. Der gemeinsame Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts garantiert uns Rechtsschutz und freies Reisen im europäischen Ausland – und auch einen europaweiten Gesundheitsschutz.
"Europa betrifft mich nicht", kann man daher nur sagen, wenn man nicht atmet, kein Wasser trinkt, nicht einkauft, nicht arbeitet oder eine Ausbildung macht und wenn man nicht reist.
Bei der MindMap können sich die Schülerinnen und Schüler an folgender Grafik orientieren (öffnet sich durch anklicken):

Lösungen zu den Aufgaben S. 12

1. a) zu M 2: Der französische Außenminister Robert Schuman entwarf 1950 den Plan einer gemeinsamen Kontrolle der deutschen und französischen Stahlproduktion; dieser wurde von Jean Monnet ausgearbeitet. Man wollte so die kriegswichtigen Güter, Kohle und Stahl, einer gemeinsamen Kontrolle unterwerfen und hiermit langfristig den Frieden zwischen den ehemaligen Kriegsgegnern sichern. Das anfängliche Zweierbündnis erweiterte sich auf sechs Mitglieder mit Italien und den Beneluxstaaten (vgl. Fortsetzung der Ereignisse unter Aufgabe 2.a) ). Neben der Sicherung des Friedens sollten vor allem die Freiheit, der Wohlstand und die soziale Sicherung gefördert werden. Auch die Überwindung der Teilung in Ost und West gehörte zum politischen Programm der EU. Mit dem Fall der Mauer 1990 begannen Demokratisierungs- und Ablösungsprozesse in den ehemaligen "Ostblockstaaten". Sie führten dazu, dass die Teilung in Ost und West ("Eiserner Vorhang"), die die Phase des Kalten Krieges kennzeichnete, überwunden wurde. Dies spiegelt sich in der Aufnahme von 10 ehemaligen "Ostblockstaaten" in die EU wider. Für Helmut Kohl hat die EU nicht nur zur Wiedervereinigung Deutschlands beigetragen, sondern auch die Wiedervereinigung Europas vollzogen.
1. b) zu M 2: Belege Helmut Kohls für "die Erfolgsgeschichte der EU" und Vorschläge für Zwischenüberschriften:
1. Überwindung der Feindschaft: gemeinsame Kontrolle über Kohle und Stahl (oder: Der Schumann-Plan),
2. Das Zweierbündnis wächst - die Gründung der Europäischen Gemeinschaft,
3. Erfolgsgeschichte: Einführung des Euro und Erweiterung auf 27 Mitgliedern
2. a) zu M 2: Aus dem Text M 2 können folgende Ereignisse bzw. Daten für den Zeitstrahl entnommen werden:
1950 Gründungsidee (Schuman-Plan), Zweierbündnis zwischen Frankreich und Deutschland;
1954 EGKS (mit 6 Mitgliedern: neben Deutschland und Frankreich nun Italien und die Beneluxstaaten); 1957 Zusammenschluss der 6 Länder zur EWG: Verträge von Rom;
1986 Süderweiterung,
1992 Maastrichter Vertrag (Bildung der EU),
1993 Verwirklichung des Binnenmarktes,
1995 Erweiterung (Finnland, Schweden, Österreich),
1995 Vertrag von Amsterdam (Stabilitäts- und Wachstumspakt),
2002 Einführung des Euro (in 12 Staaten),
seit 2004 weitere Erweiterungen (v. a. Länder aus Mittel-, Ost- und Südosteuropa)
b) Illustration "Vision für Europa 2030" anhand von Schülervorschlägen
c) Wichtige Daten und Ereignisse, um den Zeitstrahl zu ergänzen, finden sich im Schülerbuch vor allem im Kapitel 1.5 (Beitritte von Kandidatenländern und Entstehungsgeschichte des Vertrags von Lissabon).
3. Die Frage, ob die EU gemeinsame Symbole braucht, können die Schülerinnen und Schüler offen diskutieren. Wieso sich die EU eigene Symbole gegeben hat, welche dies sind und welche Bedeutungen ihnen zukommen, finden sich unter folgendem Link: http://www.eu-direct.info/faq/symbole-der-eu-13/index.html

Lösungen zu den Aufgaben S. 13

1. a) zu M 4:
deutsch: In Vielfalt geeint;
englisch: United in diversity,
französisch: Unie dans la diversité,
italienisch: Uniti nella diversitá,
griechisch: Ενότητα στην πολυμορφία,
ungarisch: Egység a sokféleségben,
finnisch: Erilaisuudessaan yhdistyny
b) Ergänzungen der Schüler
2. Das europäische Haus
6. Stock (im Bau)
Kroatien (2012), Türkei, Bosnien und Herzegowina, Island, Kosovo, Mazedonien, Montenegro, Serbien
5. Stock (2007)
Rumänien und Bulgarien
4. Stock (2004)
Estland, Lettland, Litauen, Polen, Tschechien, Slowenien, Slowakei, Ungarn, Malta, Zypern
3. Stock (1995)
Schweden, Finnland, Österreich
2. Stock (80er Jahre)
Griechenland (1981), Portugal und Spanien (1986)
1. Stock (1973)
Vereinigtes Königreich, Dänemark, Irland
Erdgeschoss (1951)
Deutschland, Frankreich, Italien, Belgien, Niederlande, Luxemburg
Fundament
Werte: Achtung der Würde des Menschen, Freiheit, Gleichheit und Solidarität auf der Grundlage von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, Nichtdiskriminierung/Minderheitenschutz, Toleranz und Gerechtigkeit
Meilensteine
1951 EGKS "Montanunion"
1957 EWG "Römische Verträge"
1992 Maastrichter Vertrag, Gründung der EU
2002 Euroeinführung in den Euroländern
2009 Vertrag von Lissabon tritt in Kraft: "Verfassung der EU"
3. a) Die Schülerinnen und Schüler können individuell ihnen bekannte Unterschiede und Gemeinsamkeiten benennen. Mögliche Varianten: Euroländer vs. Nicht-Euroländer, Staaten mit König vs. Staaten ohne König (Monarchien vs. Republiken), Länder mit derselben Sprache (z. B. BRD und Österreich) vs. Länder mit unterschiedlichen Sprachen etc.
b) Man könnte in die Diskussion "einsteigen", indem man das Motto in Abgrenzung zu den anderen Vorschlägen (s. u.) bewerten lässt. Die Schüler sind dann "aufgewärmt" und können evtl. leichter die Frage nach der Eignung des Wahlspruches für eine europäische Identität beurteilen.
Das Motto "In Vielfalt geeint" wurde erst 2000 im Zuge eines Wettbewerbs ausgewählt, an dem sich Schüler aus den damals 15 Mitgliedstaaten beteiligt hatten. Bis in die Endrunde hatten es folgende Vorschläge geschafft:
"Friede, Freiheit, Solidarität"
"Unsere Unterschiede sind unsere Stärke"
"Zu Frieden und Demokratie geeint"
"In Freiheit geeint"
"Ein alter Erdteil, neue Hoffnung"
"Alle verschieden, alle Europäer"
"Einheit in Vielfalt"
Obsiegt hat schließlich der letztgenannte Vorschlag, der aber bald darauf leicht abgeändert wurde ("In Vielfalt geeint" statt "Einheit in Vielfalt"). Nach eigenem Bekunden der Europäischen Union auf ihrer Internetseite soll das Motto ausdrücken, "dass sich die Europäer über die EU geeint für Frieden und Wohlstand einsetzen, und dass die vielen verschiedenen Kulturen, Traditionen und Sprachen in Europa eine Bereicherung für den Kontinent darstellen."

Lösungen zu den Aufgaben S. 14

1. zu M 6: siehe Lösung im Schülerbuch auf Seite 13 (unten).
2. zu M 6: siehe Hinweis unter Tipps und Links bzw. Referate/Projekte
  1. Identische Steckbriefe, d. h. die Klasse einigt sich auf feste Kriterien und jedes Länderteam recherchiert die Informationen dazu, z. B. Bevölkerungsgröße, Hauptstadt, Nationalsymbole/-flagge berühmte Persönlichkeiten/Denkmäler, geografische Besonderheiten etc. Auch das Layout wird einheitlich gewählt.
  2. Individuelle Steckbriefe, d. h. das jeweilige Länderprofil wird von jedem Länderteam unabhängig - und möglichst kreativ - gestaltet. Hier können durchaus "ungewöhnliche Kriterien" aufgenommen werden, wie z. B. Gewinner beim Grand-Prix Song Contest, Traditionen/Bräuche (z. B. zu Weihnachten), besondere Unterrichtsfächer (Schulsystem) etc.
  3. Gemischte Steckbriefe, es gibt einen festgelegten "Vorspann", d. h. Informationen, die alle Länderprofile enthalten, z. B. Größe des Landes, Sprache, Hauptstadt etc. Der zweite, umfassendere Teil enthält - wie bei B - einige auffällige und ungewöhnliche Informationen über das Land.
Nähere Informationen zu einem der EU-Länder erhält man unter http://www.eiz-niedersachsen.de/750.html, sobald man auf die Flagge oder auf den Ländernamen klickt.

Zusatzmaterial

Durch anklicken der folgenden Punkte, gelangen Sie zum jeweiligen Zusatzmaterial: