1.Erläutern Sie, wie sich die Einstellung des Westgotenkönigs Athaulf zum Römischen Reich entwickelt hat. Welche politischen Ziele hat er nach eigenen Angaben früher verfolgt, was strebt er jetzt an?
Athaulf habe zunächst nach der Zerstörung des Römischen Reiches und nach einer völligen Umgestaltung der politischen und kulturellen Verhältnisse gestrebt. Aus dem Römischen Reich habe er ein gotisches Reich machen wollen. Er erkannte aber, dass dieses Ziel nicht zu erreichen gewesen sei. Deshalb habe er sich die Erneuerung und Wiederherstellung römischer Macht und römischer Kultur auf die Fahnen geschrieben.
2.Arbeiten Sie heraus, warum Athaulf seine politischen Ziele geändert hat. Wie bewerten Sie die dafür genannten Gründe?
Paulus Orosius betont zwei Elemente:
1. Die Vorstellung Athaulfs, ein gotisches Imperium zu schaffen, seien gescheitert an Wildheit und Unbotmäßigkeit der Goten, die sich nicht unter die Gesetze und das Gewaltmonopol eines Staates hätten fügen wollen.
2. Seine Gattin, Galla Placidia, Schwester des weströmischen Kaisers Honorius, habe großen Einfluss auf ihn gehabt.
Bewertung: Da die Goten ja bereits seit vielen Jahrzehnten im engen Kontakt mit den Römern lebten, viele Goten innerhalb des Reiches herausgehobene Positionen einnahmen und vor allem die Elite stark romanisiert war, ist die Vorstellung, Athaulf habe das Römische Reich vernichten wollen, um ein barbarisches Reich zu errichten, wenig realistisch. Athaulf kann verstanden werden als ein Politiker und Heerführer, der innerhalb des Reichsverbandes agierte und ihn nicht von außen zu zerstören strebte.
3.Der Ehefrau von Athaulf, Galla Placidia, wird großer Einfluss auf den Westgotenkönig zugeschrieben. Erörtern Sie in einem Brief an Athaulf, mit welchen Argumenten sie ihn für einen Ausgleich mit den Römern gewonnen haben könnte.
Abhängig von der Bearbeitung durch die Schülerinnen und Schüler.
Elemente könnten sein: Galla Placidia könnte darauf verweisen, dass die Westgoten als Bundesgenossen der Römer, die ihnen gegen die Hunnen Schutz geboten hätten, dem Römischen Reich verpflichtet seien. Sie seien nur deshalb in das Reich aufgenommen worden, um es zu schützen. Sie hätten die hochstehende römische Zivilisation und die Friedensordnung im Reich schätzen gelernt, ihnen seien wichtige Position in Verwaltung und Heer des Reiches zugefallen, von daher könnten sie sich nicht gegen die Römer stellen, sondern seien Teil des Reiches.
Stefanie Dick, Der Mythos vom „germanischen“ Königtum. Studien zur Herrschaftsorganisation bei den germanischen Barbaren bis zum Beginn der Völkerwanderungszeit, Berlin 2008
Die Germanen. Europas geheimnisvolles Urvolk, Der Spiegel. Geschichte, Heft 2/2013